Kein Saft vom Nachbarn

LUXEMBURG. Stopp auf dem Riesenrad, Rauschschwaden über dem Chemiewerk und Züge ohne Strom: Mit der Panne in deutschen Stromleitungen muss auch fast das ganze Großherzogtum ohne Saft auskommen. In Luxemburg rüstet man sich für die Zukunft.

Das hat auch das Großherzogtum noch nicht gesehen: Für genau 33 Minuten ging im Ländchen nichts mehr: So mussten auf der "Schueberfouer" die Besucher aus den Kirmes-Fahrgeschäften wie Riesenrad, Achterbahn und Geisterbahn befreit werden. Alarmanlagen bimmelten, Fahrstühle blieben stecken, Ampeln fielen aus. Selbst die Züge der Luxemburger Bahngesellschaft CFL fielen kurzzeitig aus.Hilfe aus Belgien

Kein Strom mehr. Die Panne in den Hochspannungsleitungen in der Region bekamen auch die Luxemburger zu spüren. Denn das Großherzogtum bezieht über seinen Netzbetreiber Cegedel zum großen Teil seinen Strom vom deutschen Lieferanten RWE. "Luxemburg erhält seit 40 Jahren Strom von der RWE. Dies war bisher der größte Stromausfall", sagt Cegedel-Leiter Pierre Wilmes in Heisdorf. Die Ursache habe klar auf deutscher Seite gelegen. "Das war ein importierter Ausfall", hebt auch Cegedel-Direktor RomainBecker hervor. Über eine von vier Leitungen fließt der deutsche Strom nach Luxemburg, drei weitere hätten noch zur Verfügung gestanden. Doch nachdem die Panne in Deutschland entstanden war, gab es Saft aus keiner der Leitungen. Die luxemburgischen Betreiber haben schnell reagiert und über die Gesellschaft Sotel, die den Stahlriesen Arcelor beliefert, nach einer Viertelstunde den Luxemburger Süden wieder mit Strom über Stolzemburg/Fléibuer versorgt. Zeitgleich wurde die Electrabel darum gebeten, Strom aus Belgien einzuspeisen, um den Rest des Landes zu versorgen. Es gab keine Schäden aufgrund des Stromausfalls. Allerdings gingen zwischen 17 und 18 Uhr beim Luxemburger Zivilschutz mehr als 205 Anrufe ein: Meistens handelte es sich dabei um Personen, die in Aufzügen festsaßen. Auch bei den Notrufzentralen gab es mehrere Meldungen, vor allem von Bränden. Laut der Luxemburger Feuerwehr handelte es sich jedoch um schwarze Rauchwolken aus Dieselaggregaten, die automatisch nach dem Stromausfall in Betrieb genommen worden waren. Nur im Chemiewerk DuPont in Contern wurden "echte" Feuer entdeckt. Nach Unternehmensangaben sei dies aber ein "kontrolliertes Abfackeln" von Chemieprodukten wie Kohlenwasserstoffen gewesen.Suche nach weiteren Stromlieferanten

Sowohl Wirtschaftsminister Jeannot Krecké als auch Cegedel-Direktor Romain Becker ließen am Donnerstag durchblicken, dass es Zeit sei, sich nach zusätzlichen Stromlieferanten in Belgien oder Frankreich umzusehen, obwohl dies der erste größere Ausfall ist, seit man den Strom von der RWE bezieht. "Eine größere Unabhängigkeit von einzelnen Lieferanten ist wünschenswert, auch wenn es nie eine hundertprozentige Sicherheit geben kann", sagte Becker. Zusätzliche Netz-Verbindungen könnten zwar mehr Sicherheit bieten, aber keine Garantie.

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