Mammutaufgabe für Klinik und Feuerwehr

TRIER. Neben rund 5000 Anwohnern müssen auch die 620 Patienten des Mutterhauses bis Sonntagmorgen das Krankenhaus verlassen haben, damit die auf dem Krankenhausgelände gefundene Bombe entschärft werden kann.

Nur 40 Meter vom Haupteingang entfernt liegt die mit Erde verkrustete Fünf-Zentner-Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg. Auf dem Baugelände soll der Mutterhaus-Neubau entstehen. Beim Erdaushub für die Fundamente ist die Fliegerbombe am späten Vormittag gefunden worden. "Die Baggerschaufel hat richtig über das Eisen gekratzt", erzählt eine Krankenhausmitarbeiterin, "dann haben plötzlich alle ,stopp, stopp' geschrien."Gegen 13.15 Uhr treffen die Experten des Kampfmittelräumdienstes aus Koblenz ein. Von ihrem Urteil hängt ab, ob Krankenhaus und Stadtviertel geräumt werden müssen. Der Krisenstab hat eine Einsatzleitstelle vor Ort eingerichtet. Auf einem Plakat entwerfen Krankenhausmitarbeiter, Feuerwehrleute und Polizisten erste Skizzen für die mögliche Evakuierung.

Das Verwaltungsgebäude und der Teil des Klinikgebäudes, der neben dem Bombenfundort liegt, sind zu dieser Zeit geräumt. Im rückwärtigen, nicht geräumten Gebäudetrakt reihen sich Betten mit Kranken auf dem Flur aneinander. Auch die Sitzecke ist mit Patienten belegt. Krankenschwestern bringen den acht Frauen, alle frisch operiert, Getränke. "Wir wissen nur, dass eine Bombe gefunden wurde", sagt Dagmar Mertes aus Seelscheid bei Siegburg. "Es ist schon ein komisches Gefühl, evakuiert werden zu müssen - aber wir werden wirklich sehr gut betreut!"

Um 14 Uhr steht fest: Nicht nur das Krankenhaus, sondern das gesamte Stadtviertel muss für die Bombenentschärfung evakuiert werden. "Aber wir können die Entschärfung auf Sonntagvormittag, 10 Uhr, aufschieben. So haben wir genug Zeit, vernünftig und planvoll zu evakuieren", sagt Bürgermeister Georg Bernarding, Leiter des Krisenstabs.

Für 15 Uhr ist die Besprechung der Chefärzte angesetzt, danach sollen die Stationen genauer informiert werden.

Bei einigen Patienten wird offenbar schnell gehandelt; etliche verlassen mit ihren Reisetaschen das Krankenhaus. "Ich lag schon im Kittel auf der Trage, hatte die Beruhigungsmedikamente intus und wurde gerade in den OP geschoben, da hieß es auf einmal, ich würde doch nicht operiert", erzählt Christian Kleinow aus dem saarländischen Eimersdorf. Mit gepackten Taschen wartet der 29-Jährige darauf, dass sein Vater ihn abholt, seine Nasenoperation ist auf Anfang April verschoben worden. "Mir hat man gesagt, ich soll morgen wiederkommen", erzählt Michael Kaiser aus Gerach, der gerade eine Nasen- und Stirnhöhlenoperation hinter sich hat.

Auf der Intensivstation für Frühgeborene - der einzigen in Trier - herrscht dagegen noch mehr Betriebsamkeit als sonst. Die acht viel zu früh geborenen Patienten sind ohne medizinische Apparate noch nicht lebensfähig und liegen in Inkubatoren. "Wir haben problemlos Platzangebote von anderen Krankenhäusern bekommen", erzählt Oberärztin Andrea Czoska. Vier Winzlinge werden noch am Nachmittag nach Wittlich und Saarbrücken verlegt.

"Wir haben genügend Zeit, um reibungslos zu evakuieren", sagt Czoska. Der Mutter des kleinen Johannes, der mit dem Spezialkrankenwagen nach Wittlich gebracht wurde, stehen trotzdem die Tränen in den Augen.

 Auch die acht Frühgeborenen, die im Mutterhaus betreut werden, müssen evakuiert werden. TV-Foto: Christiane Wolff

Auch die acht Frühgeborenen, die im Mutterhaus betreut werden, müssen evakuiert werden. TV-Foto: Christiane Wolff

Gegen 16 Uhr hat das Krankenhaus für alle Stationen Formulare bereitgestellt. Auf diesen sollen die Chefärzte jeden Patienten mit seinen individuellen Bedürfnissen vermerken. Woran sie leiden, und wie sie transportiert werden müssen. Die Formulare sollen an die Feuerwehr weitergegeben werden. "Kein Patient wird bei der Evakuierung gefährdet werden", verspricht einer der Ärzte.

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