Mehr Geld für Rentner

Nach vier mageren Jahren sollen die Altersbezüge für die 20 Millionen Rentner in Deutschland wieder etwas deutlicher zulegen. Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) kündigte gestern einen Anstieg der Renten zum 1. Juli um 1,1 Prozent an.

Berlin. Ein Ruheständler mit 1000 Euro Rente hat dadurch pro Monat elf Euro mehr in der Tasche. Für diesen Schritt muss allerdings der sogenannte Riester-Faktor in der Rentenformel zeitweilig ausgesetzt werden. Damit bestätigte Scholz ein überraschendes Vorhaben der Großen Koalition. Zur Begründung für die überplanmäßige Rentenhebung meinte der SPD-Politiker, es sei den Rentnern "sehr schwer vermittelbar" gewesen, dass sie nicht am wirtschaftlichen Aufschwung teilhaben könnten. "Die geringe Erhöhung im Vorjahr haben viele als sehr bitter empfunden", so Scholz. Tatsächlich stiegen die Altersrenten 2007 lediglich um 0,54 Prozent. Davor gab es gleich drei Nullrunden in Folge. Auch 2008 drohte die Erhöhung nur marginal auszufallen. Grund ist die dürftige Lohnentwicklung, die Politiker und Wirtschaftsforscher bis vor kurzem noch sehr viel optimistischer eingeschätzt hatten. "Es gibt eine unglaubliche Zeitverzögerung, bis sich die wirtschaftliche Entwicklung in den Löhnen niederschlägt", meinte Scholz.Maximalgrenze von vier Prozent erreicht

Wahr ist allerdings auch, dass es immer mehr Geringverdiener gibt. Dadurch wird das Lohnniveau gedrückt, auf dessen Basis sich die jeweilige Rentenanpassung errechnet. So hatte die Bundesregierung für 2007 mit einem Lohnplus von 1,9 Prozent kalkuliert. Nach der neuesten Statistik waren es aber nur 1,4 Prozent. Im Ergebnis hätten die Renten zum 1. Juli nur um 0,46 Prozent steigen dürfen. Dieser geringe Wert resultiert aus verschiedenen Dämpfungsfaktoren, die bei den jüngsten Rentenreformen eingeführt wurden, um die Beiträge und Steuerzuschüsse für die Rentenkasse in Grenzen zu halten. Darunter ist auch der Riester-Faktor. Seit sieben Jahren können die Arbeitnehmer einen wachsenden Anteil ihres Lohns in einen staatlich geförderten Riester-Vertrag stecken. Seit diesem Jahr ist die Maximalgrenze von vier Prozent des Einkommens erreicht. Entsprechend weniger haben die Arbeitnehmer für ihren laufenden Lebensunterhalt zur Verfügung. Diesen Umstand sollten auch die Rentner bei ihren Bezügen zu spüren bekommen. Mit dem Riester-Faktor sollte ihnen deshalb noch bis 2011 Jahr für Jahr rund 0,6 Prozent von der jeweils anstehenden Rentenerhöhung abgezogen werden. Diesen Mechanismus will die Bundesregierung jetzt nicht nur für 2008 aussetzen, sondern auch für 2009.

Meinung

Besser als nichts

Von Hagen Strauß

Es sei den Rentnern gegönnt: 1,1 Prozent mehr. Die Frage nach der Verlässlichkeit der schwarz-roten Rentenpolitik muss trotzdem gestellt werden. Wenn mal eben die Rentenformel außer Kraft gesetzt wird, ist das eine Rente nach Kassenlage, nichts anderes. In diesem Fall werden die Altersbezüge von Millionen Menschen zum politischen Spielball. Jeder Ruheständler wird doch wissen, die Entscheidung der Koalition, sein Einkommen etwas mehr anzuheben als ursprünglich geplant, hat natürlich mit Wahlkampf zu tun. Mit Nullrunden und Minimal-Zuwächsen lässt sich eben schlecht bei den bayerischen Landtagswahlen in diesem Jahr und den Bundestagswahlen 2009 vor Menschen treten, deren Zahl angesichts der demografischen Entwicklung wächst und deren Stimmen damit immer entscheidender werden. Nun ist es ja nicht so, dass 1,1 Prozent sonderlich üppig sind. Allein die Preissteigerungen und die höheren Beiträge zur Pflegeversicherung werden das aus dem Portemonnaie wieder herausholen, was die Große Koalition den Rentnern zusätzlich hinein tun will. Besser als nichts, logisch. Und auch besser als nur 0,46 Prozent. Da sich die Rentenerhöhung allerdings an der allgemeinen Entwicklung der Löhne orientiert, die entgegen aller Erwartungen nur um 1,4 Prozent gestiegen sind, ist bei solchen Zuwachszahlen bewiesen: Der vielgepriesene Aufschwung kommt bei den Menschen kaum an. nachrichten.red@volksfreund.de

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