Nur durch Zufall am Tod vorbei

Vor der Ersten Großen Strafkammer des Trierer Landgerichts muss sich ein 24-jähriger Mann aus Thalfang wegen gefährlicher Körperverletzung und Bedrohung verantworten. Er soll im August 2007 seiner Ehefrau so schwere Stichwunden zugefügt haben, dass sie nur knapp dem Tod entging.

Trier. Eifersucht, Alkohol, Aggression: Es ist der klassische Cocktail, der dem nächtlichen Tatgeschehen im Hunsrück-Ort Thalfang zugrunde liegt. Viktor K. hat morgens um 4 Uhr auf offener Straße seiner Ehefrau zweimal ein Messer in den Bauch gerammt, weil er sie verdächtigte, ihn mit einer Zufalls-Bekanntschaft, mit der man zuvor gemeinsam gezecht hatte, betrogen zu haben. In der Ehe öfter "die Hand ausgerutscht"

Es war, so klingt es im Verfahren an, nicht der erste gewalttätige Übergriff in der Ehe. "Ihnen ist öfter die Hand ausgerutscht", sagt die Beisitzerin. Viktor K. nickt fast unmerklich.Deutlich bereitwilliger hat er zuvor über seinen Lebenslauf Auskunft gegeben. 1996 als 13-Jähriger aus Kasachstan nach Deutschland eingewandert, Probleme mit dem Schulabschluss, keine Lehrstelle. Immer wieder kleinere Jobs, um sich finanziell über Wasser zu halten - zuletzt als Schul-Hausmeister auf "Ein-Euro-Basis". Er heiratet eine zwei Jahre ältere Frau, die ein Kind mit in die Ehe bringt. Zwei gemeinsame Kinder kommen dazu. Viktor K. gilt als umgänglich und verlässlich - so lange er nicht trinkt. Aber der Alkohol spielt eine große Rolle in seinem Leben. Zunächst nur in Form von Bier, dann immer häufiger größere Mengen von Wodka. Die Familie wechselt den Wohnort, weil seine Frau ihn von falschen Freunden wegbringen will. Aber der Wodka kommt immer wieder zurück, zuletzt in der Tatnacht. Die Stiche, so steht es in der Anklageschrift, verfehlten nur knapp die Bauchschlagader. Will heißen: Dass die Ehefrau noch lebt, ist einem glücklichen Zufall zu verdanken. Und ihrer Geistesgegenwart, per Handy den Krankenwagen zu rufen. Aber auch dem Umstand, dass der Täter bei ihr blieb und sie bis zum Eintreffen der Sanitäter begleitete.Letzteres hat ihm eine Anklage wegen versuchten Totschlags erspart. Die Tat als solche räumt er ein, bei Details zur Sache beruft er sich häufig auf Gedächtnislücken - zur sichtlichen Verwunderung des Gerichts. So muss die Kammer dreimal nachfragen, bis er schließlich halbwegs einräumt, seine Frau nicht nur verletzt, sondern auch mehrfach mit dem Tod bedroht zu haben. "Wenn du mich verrätst, hacke ich dir den Kopf ab", soll er ihr laut Anklage telefonisch noch im Krankenhaus mitgeteilt haben. Von Geständnisbereitschaft und konsequenter Einsicht ist auf den ersten Blick nicht viel zu spüren. "Meine Frau wusste doch, wie Wodka auf mich wirkt", sagt Viktor K. Es klingt ein bisschen nach "selber schuld". Das Opfer will nicht gegen den Ehemann aussagen

Um so erstaunlicher, dass es in der Untersuchungshaft offenbar wieder zu einer Annäherung der Eheleute gekommen ist. Der Angeklagte spricht von einer "neuen Chance", die ihm seine Frau einräumen wolle, "wenn ich ganz weg bin vom Alkohol". Wie das 26-jährige Opfer das sieht, kann das Gericht nicht klären. Denn die Ehefrau nimmt zur Überraschung des Gerichts das Recht auf Aussageverweigerung in Anspruch. Offenbar will die junge Frau nicht als Kronzeugin der Anklage auftreten. Nun wird das Verfahren einen Umweg nehmen müssen. "Wir werden Ihre Aussagen vor dem Ermittlungsrichter heranziehen", erklärt die Vorsitzende Richterin Petra Schmitz der Zeugin. Aber dafür braucht es mindestens einen weiteren Verhandlungstag, der auf den 20. Februar terminiert ist.

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