Pensionsfonds: Hitziger Streit ums liebe Geld

Mainz · Die CDU klagt beim Pensionsfonds "Verfassungsbrüche in Serie" an. Die Zukunft des Topfs steht in den Sternen.

Mainz Stehen die Abgeordneten vor dem rheinland-pfälzischen Landtag, zeigt ihnen eine Uhr am Pult an, wie lange sie noch reden dürfen. Läuft die Zeit ab, sprechen sie schneller - oder verzichten gleich auf einige Sätze in ihrem vorgefertigten Skript. CDU-Fraktionschefin Julia Klöckner wundert sich in der Sondersitzung des Parlaments am Mittwoch zunächst darüber, warum die Uhr nicht läuft. Doch als die Zeit startet, lässt sich die 44-Jährige nicht von heftigen Attacken gegen die Landesregierung abbringen.

Klöckner ist wütend. Ihrer Einschätzung nach hat besonders die SPD die Zeit längst überschritten. Köckner rügt, wie die Sozialdemokraten den Pensionsfonds - sprich: die Rücklagen für Beamte (siehe Extra) - in die Tat umgesetzt haben. Die CDU-Fraktionschefin spricht von "Verfassungsbrüchen in Serie", was das deutliche Urteil des Verfassungsgerichtshof bewiesen habe. Was die Union am meisten aufregt, so die Lesart von Klöckner: Das Land lieh sich das Geld für den Pensionsfonds gleich zurück und fütterte ihn mit Schuldscheinen. Die Darlehen an den Fonds gab es zugleich als Investitionen aus, erhöhte so seine Kreditobergrenze und nahm höhere Schulden auf. Das Ende vom Lied, so schimpft die CDU-Chefin: "Die Rücklage für die Pensionen ist leer, sie müssen aus dem laufenden Haushalt finanziert werden."

Der Regierung wirft Klöckner vor, das Geld lieber genommen und in Prestigeobjekte wie Nürburgring und Hahn gesteckt zu haben. Leidtragende seien Beamte und Bürger. In die Pflicht nimmt Klöckner auch Ministerpräsidentin Malu Dreyer, die "das verfassungswidrige Konstrukt" als Kabinettsmitglied unter Kurt Beck mitgetragen und auch als Landeschefin selber nicht aufgelöst habe.

Laut Finanzministerin Doris Ahnen (SPD) liegen den Fraktionen nach dem Urteil des Verfassungsgerichtshofs die erforderlichen Änderungsanträge zum Doppelhaushalt 2017 und 2018 vor. Darin seien die jährlich veranschlagten 70 Millionen Euro für den Pensionsfonds nicht mehr als Investitionen eingestuft. Die Kreditobergrenze halte das Land mit Abstand ein. Im Sommer wolle die Regierung einen Gesetzentwurf vorlegen, wie sie künftig mit dem Pensionsfonds verfahre.
AfD-Landeschef Uwe Junge fordert, eine nachhaltige Vorsorge nur aus "klug angelegten Haushaltsüberschüssen" zu finanzieren.

Lob findet das Vorgehen der Regierung bei den Ampelparteien. "Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit", sagt Bernhard Braun (Grüne). Thomas Roth (FDP) fordert die CDU auf, "sich konstruktiv an der Arbeit am Pensionsfonds zu beteiligen". SPD-Fraktionschef Alexander Schweitzer wirft der CDU "Propaganda" vor, wenn sie das Wort "Pensionslüge" benutze. Und Klöckner? Sie legt nach - und hat die Zeit im Blick. Das Land fordert sie auf, ein Gesetz vorzulegen. Bitte nicht in den Sommerferien, sagt sie und lächelt süffisant. "Dann sind die Rheinland-Pfälzer auf dem Weg in den Urlaub - und keiner kriegt es mit."WAS HINTER DEM PENSIONSFONDS STECKT

Extra

(dpa) Auf die Bundesländer kommen immense Pensionslasten zu. Rheinland-Pfalz sammelte daher seit dem Jahr 1996 zunächst mit Einsparungen Geld für spätere Pensionen in einem neuen Fonds an. 2006 drang der damalige Finanzminister Ingolf Deubel (SPD) auf die Umwandlungen der Zuflüsse in Darlehen. Nominell wuchs die Geldsumme im Pensionsfonds auf bis heute 5,1 Milliarden Euro an. Tatsächlich liegen aber überwiegend Schuldverschreibungen des Landes in dem Topf. Denn das Land lieh sich fast alle Einzahlungen sofort wieder zurück - und zahlt dafür marktübliche Zinsen an den Fonds. Die Darlehen wurden vom Land wiederum als Investitionen deklariert, was Spielraum bei einer Verschuldung für andere Projekte schuf.

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