Studiengebühren bleiben umstritten

BERLIN. Rund die Hälfte der zwei Millionen Studenten in Deutschland muss mittlerweile Studiengebühren zahlen. Aber die meisten Betroffenen zweifeln nach wie vor am Sinn dieser Abgabe.

Entgegen allen politischen Beteuerungen glauben 83 Prozent der Studierenden nicht, dass die Gebühren in eine bessere Ausbildung fließen. 84 Prozent fühlen sich von ihrer Hochschule nur unzureichend über die Verwendung der Mittel informiert. Das geht aus einer repräsentativen Umfrage des Bielefelder Emnid-Instituts im Auftrag der arbeitgeberfinanzierten "Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft" hervor, die offen für Studiengebühren eintritt. Saarland zieht im Herbst nach

In sieben der 16 Bundesländer ist die Mehrbelastung für Studierende bereits beschlossene Sache: Seit dem laufenden Semester werden in Bayern, Baden-Württemberg, Hamburg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen Studiengebühren erhoben. Das Saarland und Hessen ziehen im Herbst nach. Damit können ab Oktober insgesamt 153 Hochschulen in Deutschland von dieser zusätzlichen Finanzierungsmöglichkeit profitieren. Zurzeit sind es 136 Bildungseinsrichtungen. Noch bis vor zwei Jahren schloss das Hochschulrahmengesetz allgemeine Studiengebühren aus. Dagegen hatten einige unionsregierte Länder beim Bundesverfassungsgericht geklagt, weil sie sich in ihrer Gesetzgebungskompetenz diskriminiert sahen. Die Karlsruher Richter gaben ihnen Anfang 2005 Recht. In der Regel werden pro Semester rund 500 Euro fällig. Für die Hochschulen summieren sich die Einnahmen auf rund 400 Millionen Euro im Jahr. Nach einer Emnid-Umfrage vom Dezember des Vorjahres fürchten allerdings 54 Prozent der Hochschuldirektoren, dass sich die Länder nach Einführung der Gebühren aus der Finanzierung verabschieden oder zumindest ihre Mittel kürzen. Dieser Ansicht ist auch der amtierende Präsident der Kultusministerkonferenz, Jürgen Zöllner (SPD). Die "Gesetzmäßigkeiten der öffentlichen Haushalte" würden dazu führen, dass an den Hochschuletats gekürzt werde, wenn diese eigene Einnahmen zu verzeichnen hätten, meinte der Berliner Bildungssenator kürzlich in einem Interview. Insgesamt 67 Prozent der von Emnid befragten Studenten lehnen denn auch Studiengebühren weiter ab. Aber immerhin 90 Prozent fordern ein Mitspracherecht, wenn es um den Einsatz der Mittel geht. Daraus spricht offenbar die Einsicht, dass die Entwicklung nicht mehr zurückzudrehen ist. Vor diesem Hintergrund müssen sich die Bildungseinrichtungen auch auf eine selbstbewusstere "Kundschaft" einstellen: 77 Prozent gaben an, dass sie als Gebührenzahler "der Hochschule gegenüber fordernder auftreten" werden. Als besonders verbesserungsbedürftig stuften die Befragten den Umfang der Übungsangebote und Lehrveranstaltungen ein. Rund die Hälfte erwartet eine Qualitätsverbesserung des Unterrichts und der Bibliotheksausstattung. In den vergangenen Wochen häuften sich Meldungen über eine Zweckentfremdung von Studiengebühren. So sollen einige Hochschulen damit Haushaltslöcher ausgeglichen und Imagebroschüren finanziert haben. Um den schwarzen Schafen auf die Spur zu kommen, wurde am Mittwoch auch ein Internet-Portal gestartet, auf dem Studenten die Leistungen von Hochschulen mit Studiengebühren bewerten können. Bis Ende Mai soll daraus eine Rangliste entstehen.

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