Telefonwerbern soll es an den Kragen gehen

Mit gleich zwei Gesetzen hat die Bundesregierung gestern auf neue Marktentwicklungen reagiert, bei denen die Verbraucher zunehmend unter die Räder zu geraten drohten: Die Telefonwerbung und die schnell per Internet abgeschlossenen Geschäfte einerseits sowie das vermehrte Angebot an Sofortkrediten anderer seits. Die Strafen wurden verschärft und zugleich die Rechte der Betroffenen gestärkt.

Berlin. Laut Forsa-Umfrage fühlen sich 86 Prozent der Bürger von Werbeanrufen belästigt, 64 Prozent geben an, ohne Einwilligung kontaktiert worden zu sein. Schon bisher war Telefonwerbung ohne Einverständnis des Angerufenen verboten, doch hatten sich einige Branchen wie Glücksspielanbieter und Telekommunikationsunternehmen darüber hinweggesetzt.

Allerdings wissen viele Konsumenten nicht, dass sie vielleicht in einem ganz anderen Zusammenhang zugestimmt hatten, von dem Unternehmen informiert zu werden, was diese ausnutzten. Nun sieht die neue Regelung härtere Strafen vor:

Unerlaubte Telefonwerbung kann mit einer Geldbuße bis 50 000 Euro geahndet werden. Die Angerufenen müssen vorher ausdrücklich erklärt haben, Werbeanrufe erhalten zu wollen. Verstöße verfolgen die Verbraucherzentralen; die Bundesnetzagentur soll bei der Ermittlung der Täter helfen.

Verbot der Rufnummer-Unterdrückung: Bei Werbeanrufen muss die Telefonnummer sichtbar sein. Verstöße kosten bis zu 10 000 Euro Geldbuße. Allerdings sind sie schwer zu verfolgen, weil die Täter in der Regel unbekannt bleiben. Zumal, wenn sie im Ausland sitzen.

Wechsel des Energie-Anbieters wird komplizierter

Widerrufsrecht: Es gilt künftig auch für Zeitungs- und Zeitschriftenabos, die am Telefon abgeschlossen wurden, und für die Teilnahme an Glückspielen oder Wetten. Gründe brauchen dafür nicht angegeben zu werden. Die Frist beträgt zwei Wochen und beginnt erst, wenn der Betroffene schriftlich über sein Widerrufsrecht informiert wurde. Ohne diese Information entstehen im Widerrufsfall auch keine Zahlungsverpflichtungen, selbst wenn schon Leistungen geliefert wurden. Es sei denn, der Kunde wurde ausdrücklich auf seine Zahlungspflicht hingewiesen.

Schriftliche Kündigung: Diese Regelung betrifft vor allem Telefon-, Strom- und Gasanbieter. Mit dem unkomplizierten Wechsel ("Wir erledigen alles für Sie") ist es künftig vorbei. Dem neuen Anbieter muss eine schriftliche Kündigung des alten Vertrages vorliegen.

"Das erhöht die Sicherheit", meinte Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) gestern. Das Gesetz muss nun in den Bundestag und soll zum 1. Januar 2009 gelten.

Ebenfalls eine Lücke im Verbraucherschutz schloss gestern Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU). Bei vielen neuartigen Kreditgeschäften, etwa Sofortkrediten oder Internetkrediten, wird die Bonität des Kreditnehmers nicht mehr anhand von Unterlagen geprüft. Stattdessen wird der Betroffene "gescored" - das heißt, seine Kreditwürdigkeit wird nach Wahrscheinlichkeitsfaktoren von Auskunfteien mathematisch-statistisch berechnet.

Wie die Auskunfteien zu ihrer Bewertung kommen, darin will sich der Gesetzgeber auch künftig nicht einmischen, doch sollen die Verbraucher nun das Recht haben, Auskunft über ihre Bewertung zu erhalten und diese gegebenenfalls korrigieren zu können. Und zwar kostenlos.

Auch dieses Gesetz muss noch durch den Bundestag, kann aber aus technischen Gründen erst zum 1. Januar 2010 in Kraft treten.

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