Traurige Gewissheit

BERLIN. Die düsteren Prophezeiungen hoher deutscher Opferzahlen bei der Flutkatastrophe in Südasien scheinen sich zu bestätigen: Bundeskanzler Gerhard Schröder zufolge werden derzeit noch rund 1000 Bundesbürger vermisst. Politiker aller Parteien zeigen sich erschüttert und rufen zu Hilfen für die Katastrophengebiete auf.

Die Naturkatastrophe in Südostasien hat weltweit tiefe Betroffenheit und große Hilfsbereitschaft ausgelöst. Auch die Bundesregierung, deutsche Unternehmen und zahlreiche Bundesbürger beteiligen sich an der ersten Nothilfe für die Opfer der Flutwelle, deren Zahl täglich steigt. Bundeskanzler Gerhard Schröder sprach gestern von "einer der schlimmsten und verheerendsten Naturkatastrophen seit Menschengedenken".26 tote Deutsche identifiziert

Nach einer Sitzung des Krisenstabs teilte er gemeinsam mit Außenminister Joschka Fischer mit, dass die Soforthilfe des Bundes auf 20 Millionen Euro erhöht wird. Zugleich äußerte Schröder "die traurige Gewissheit", dass auch viele deutsche Urlauber unter den Toten sind. Rund 1000 Deutsche würden noch vermisst. Bislang seien 26 deutsche Staatsangehörige identifiziert worden, sagte der Kanzler, der seinen Weihnachtsurlaub abgebrochen hatte, um die Hilfe mit zu organisieren. Schröder sprach vor der Presse im Kanzleramt von "erschütternden Bildern des Grauens und des Schreckens, die uns täglich erreichen". Das menschliche Leid sei unermesslich. Man wolle und müsse helfen, wo es nur gehe. Der Kanzler appellierte an die Bundesbürger, für die Opfer der Katastrophe zu spenden. Auch kleine Summen seien wichtig und wertvoll. In diesem Sinne äußerten sich auch Bundestagspräsident Wolfgang Thierse, die CDU-Vorsitzende Angela Merkel und CSU-Chef Edmund Stoiber. Merkel sprach von einer "entsetzlichen Tragödie, die unser aller Fassungsvermögen übersteigt". Am Morgen hatte Schröder an einer Sitzung des Krisenstabs im Auswärtigen Amt teilgenommen. Dabei wurde eine Fülle von Maßnahmen beschlossen, die Schröder später bekannt gab. Mit Bundesverteidigungsminister Peter Struck sei besprochen worden, dass die Bundeswehr ihre "fliegenden Lazarette" zur Verfügung stellt und Anlagen zur Trinkwasseraufbereitung in das Krisengebiet schafft. Zudem würden weitere Flugzeuge bereit gestellt, um die Verletzten und Rückkehrwilligen nach Deutschland zu transportieren. Schröder kündigte "angesichts der gewaltigen Schäden" nicht nur an, auch mittel- und langfristig den betroffenen Ländern beim Wiederaufbau von Straßen, Schulen und Wohnungen zu helfen. Auch die Schulden, die Indonesien und Somalia beim "Pariser Club" haben, sollten vorerst ausgesetzt werden, forderte der Kanzler. Schröder ordnete gemeinsam mit Bundesinnenminister Otto Schily Trauerbeflaggung für die Einrichtungen des Bundes an. Er bat die Presse eindringlich, nicht über die Zahl der möglichen deutschen Opfer zu spekulieren, das verbiete sich aus Rücksicht auf die Angehörigen. Außenminister Fischer wies auch auf das Schicksal der Überlebenden hin, die "traumatisiert" seien und wie viele Helfer der psychologischen Betreuung bedürften. Weil das Meer zahlreiche Opfer nicht zurück gegeben habe, dazu viele Tote nur sehr schwer zu idendifizieren seien, könne er nicht sagen, ob die verzweifelten Angehörigen alle "ihre Toten zurück bekommen".

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