Verpönte Trinkgelage

Mit einigen Kumpanen am Marktbrunnen munter zechen, ein paar Bierchen gleich neben dem Kinderspielplatz zischen - den Städten und Gemeinden ist die wachsende Zahl öffentlicher Trinkgelage ein Dorn im Auge.

Berlin. Die Kommunen wollen den Alkoholkonsum in der Öffentlichkeit massiv eindämmen und in "sensiblen Gebieten" sogar generell verbieten. Bei Verstößen sind saftige Bußgelder von bis zu 50 Euro im Gespräch. "Das hat nichts mit Erziehungsdiktatur zu tun, inzwischen werden aber oft Grenzen überschritten", begründet der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, den Vorstoß. Dabei gehe es nicht nur um das Erscheinungsbild einer Stadt: "Der Alkoholkonsum ist häufig verbunden mit Vandalismus. Viele Bürger fühlen sich belästigt und gestört." Landsberg will Verbotszonen einrichten und mit entsprechenden Schildern ausweisen: In sensiblen Bereichen, also immer dort, wo Kinder sind.Geldstrafen wie beim Qualmen

Oder im Umkreis von wichtigen Sehenswürdigkeiten. Solche Orte seien schließlich die "Visitenkarte" einer Stadt. Als Sanktionsmittel schweben dem kommunalen Spitzenverband Bußgelder von 40 bis 50 Euro vor - wie beim Qualmen: In manchen Städten werden Raucher ähnlich hoch zur Kasse gebeten, wenn sie ihre Kippe auf die Straße werfen. Bislang fehlt für die Einrichtung von alkoholfreien Zonen jedoch die Rechtsgrundlage. Deshalb sind laut Städtebund einige Kommunen schon dazu übergegangen, Bänke vor ihren touristischen Attraktionen abzumontieren, um das öffentliche Trinken gleich im Ansatz zu unterbinden. "Für den öffentlichen Raum haben wir derzeit nur die Möglichkeit der Einzelverfügung", erklärt Landsberg - zum Beispiel über Platzverweise, wenn die öffentliche Ordnung beeinträchtigt ist. Was bislang nicht geht, ist allgemeinverbindlich und generell das Trinken an bestimmten Orten per Satzung zu verbieten. Um dem wachsenden Problem Herr zu werden, "müssen die Länder dafür schnell eine Rechtsgrundlage schaffen", fordert Landsberg."Die Bierdose an die Hand gewachsen"

Nach Angaben des Geschäftsführers der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen in Hamm, Rolf Hüllinghorst, ist es im Stadtbild nicht mehr nur die klassische Trinkerszene wie Obdachlose, die zur Flasche greifen. Öffentliches Trinken ist "in" geworden: "Wenn ich sehe, dass manchen Jugendlichen inzwischen die Bierdose an die Hand gewachsen ist, dann scheint ein Verbot von Alkoholkonsum im öffentlichen Raum sinnvoll zu sein", so Hüllinghorst zu unserer Zeitung. Die jüngsten Erkenntnisse der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung untermauern dies: Der Alkoholkonsum bei Jugendlichen ist zuletzt wieder deutlich angestiegen. Der Trend in anderen europäischen Ländern ist ähnlich. So existieren zum Beispiel in Dänemark bereits Alkoholverbote auf öffentlichen Plätzen. Und auch in Spanien und Portugal sind nach Angaben Hüllinghorsts gesetzliche Regelungen geplant - weil dort die Freiluftgelage junger Leute inzwischen exzessive Formen angenommen haben.

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