Versagt, besorgt, gehofft

BERLIN. Jeden Monat das gleiche Ritual: Die Nürnberger Bundesanstalt verkündet düstere Zahlen vom Arbeitsmarkt, das Kabinett in Berlin nimmt sie "besorgt" zur Kenntnis, und die Opposition beklagt lautstark das "Versagen" der Bundesregierung.

Im April wurden 4,5 Millionen Arbeitslose registriert, 112 000weniger als im März, aber fast eine halbe Million mehr als imVergleichsmonat des Vorjahres. Entsprechend deftig fielen dieReaktionen von Union und FDP aus. Arbeitsminister Wolfgang Clement nutzte allerdings die Gelegenheit, die richtigen Schlüsse aus der Misere zu ziehen: Die Lage am Arbeitsmarkt mache überdeutlich, "wie notwendig die von uns angestrebten Reformen sind", kommentierte er am Mittwoch die neuen Zahlen aus Nürnberg. Deshalb müsse die Agenda 2010 des Bundeskanzlers unverzüglich umgesetzt werden. Clement lieferte auch die Begründung für seine Forderung, die sich nicht wesentlich von der Auffassung der Opposition und der der Wirtschaftsverbände unterscheidet. Es sei nicht nur der konjunkturellen Schwäche geschuldet, dass der Arbeitsmarkt stagniere, sondern auch "gravierende strukturelle Probleme" hätten die schlechten Zahlen verursacht. Gleichzeitig verwies der Minister auf ein weiteres Problem, das damit zusammen hänge: Auch im Bereich der Ausbildungsplätze spitze sich die Situation zu. Allein im März seien 58 000 weniger freie Ausbildungsplätze gemeldet worden als im Jahr zuvor. Deswegen sei "jedwede Kraftanstrengung" gefordert, auch von den Verantwortlichen, also der Wirtschaft. Zugleich äußerte Clement die Hoffnung, dass die ersten Maßnahmen des so genannten Hartz-Konzeptes "in den kommenden Monaten ihre Wirkung entfalten". Allerdings sind die Aussichten nicht sonderlich rosig: Der Auftragseingang in der Industrie hat sich nicht nur abermals deutlich abgeschwächt (minus 3,9 Prozent); es droht in diesem Jahr auch erneut ein Pleitenrekord. Schätzungen gehen von mindestens 40 000 Insolvenzen in 2003 aus.

CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer meinte denn auch, die rot-grüne Bundesregierung habe die "größte Arbeitsmarktkrise seit dem Krieg" zu verantworten. Statt endlich zu handeln, beschäftige sich die SPD aber bloß mit sich selbst, wie die Debatte um die Agenda zeige. Der Arbeits- und Sozialexperte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Karl-Josef Laumann, sprach von einem "Auseinanderbrechen" des Arbeitsmarktes. Das als Wunderwaffe gepriesene Hartz-Konzept entpuppe sich als "Flop auf ganzer Linie". Ähnlich äußerten sich Sprecher von CSU und FDP.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort