Viel zu besprechen und wenig zu entscheiden

Noch feilen die Generalsekretäre Christine Haderthauer (CSU) und Ronald Pofalla (CDU) an der "Erdinger Erklärung", die die Schwesterparteien am Montag in der altbayerischen Herzogstadt nach ihrer zweitägigen, gemeinsamen Präsidien-Sitzung verabschieden wollen. Darin wird viel über die SPD gewettert werden, das liegt auf der Hand. Interessant ist deshalb etwas anderes.

Berlin. Nicht nur in der Großen Koalition ist das Klima frostig, sondern auch zwischen CDU und CSU gibt es offene Streitfragen. Man darf also gespannt sein, mit welchen wohlfeilen Worten Haderthauer und Pofalla versuchen werden, die Konflikte zu verschleiern.

Es knirscht im Unionsgebälk: Die CSU will zur alten Pendlerpauschale zurück, die CDU sträubt sich vehement dagegen; die Bayern verweigern sich dem geplanten Gesundheitsfonds, Kanzlerin Angela Merkel verteidigt ihn tapfer. Eine Lösung ist nicht in Sicht.

Und über allem schwebt der große Steuersenkungsstreit, den die CSU entfacht hat und der mittlerweile der Kanzlerin das Regieren in Berlin erheblich erschwert. Vorab jedenfalls haben sich die Schwestern lediglich darauf verständigen können, ein höheres Kindergeld und eine Anhebung des steuerlichen Kinderfreibetrages ab dem nächsten Jahr "anzustreben". Ein Minimalkonsens. Von "steuerpolitischen Leitplanken" ist in der Unionsführung die Rede, die man in Erding beschließen werde - "kurz und knackig". Soll heißen: Für mehr und Umfassenderes bestehen kaum Einigungschancen. Viel Frust gibt es auf beiden Seiten, mit der Großen Koalition, mit den wenig überragenden Umfragewerten in Bayern und im Bund, mit dem fehlenden Profil der CDU. "Die Bürger erkennen in der Regierungspolitik die Programmatik der Union nicht wieder. Das hat zu einem massiven Vertrauensverlust geführt", beklagt der Vorsitzende der CDU/CSU-Mittelstandsvereinigung (MIT), Josef Schlarmann, gebetsmühlenartig.

Der Steuerstreit überlagert allerdings alles, und er ist für Angela Merkel heikel: Denn während die Kanzlerin die Haushaltskonsolidierung zum Maß aller Dinge erhoben hat und bei einer Abkehr davon um ihre Glaubwürdigkeit fürchtet, fordern zahlreiche Parteifreunde in der Bundestagsfraktion inzwischen - wie die CSU - einen Kurswechsel. In den Wahlkreisen, berichten Unions-Abgeordnete regelmäßig, bekämen sie zu hören, dass alles teurer werde, und dass der viel gepriesene Aufschwung ausgerechnet beim eigenen Wählerpotenzial nicht ankomme. "Wir müssen aufpassen, nicht in den Sog der SPD zu geraten", so ein Parlamentarier. In seltener Eintracht forderten deshalb Mitte Mai Wirtschafts- und Arbeitnehmerflügel der Fraktion rasche steuerliche Entlastungen. Merkel steht noch, aber sie wankt. Es gibt also viel Gesprächsstoff zwischen den gut 40 Präsidialen bei dem auch für den bayerischen Landtagswahlkampf inszenierten CDU/CSU-Spektakel. Nicht zuletzt will man in Erding über das Treffen des Koalitionsausschusses am Mittwoch sprechen. Da müsse man dann schauen, was mit der SPD "überhaupt noch geht", so CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer. "Das könnte eine längere Sitzung werden."

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