Wehe den Besiegten!

Im Krieg ist die Wahrheit das erste Opfer, erkannte der griechische TragödiendichterAischylos vor zweieinhalbtausend Jahren. Seitdem hat sich nicht viel geändert. Was Amerikaner und Briten im Irak treiben, das flimmert über die Bildschirme, das berichten Zeitungen und Radiosender.

Ist es die Wahrheit? Offizielle Bilder sind zensiert, Informationen gestreut, viele Quellen unglaubwürdig. Propaganda statt kritischer Berichterstattung. Psychologische Kriegsführung mit Hilfe der (ver-)öffentlich(t)en Meinung. Bilder machen Politik: Im Medienzeitalter genügt mitunter ein Foto, um politische Systeme zu festigen - oder zu erschüttern. Als Iraker mit Hilfe von US-Soldaten vor gut einem Jahr die mächtige Statue Saddam Husseins vom Sockel stürzten, gingen die Aufnahmen um die Welt: das Ende der Gewaltherrschaft, der Irak ist befreit. Zwölf Monate später eine andere Botschaft: Bilder von amerikanischen Militärs, die irakische Gefangene quälen. Ekel erregende Perversionen, systematische Folter, um die Unterlegenen gefügig zu machen. Wehe den Besiegten! Die Welt schreit auf, die Supermacht Amerika steht am Pranger - ganz besonders ihre Streitkräfte: ein moralisch verkommener Haufen von Imperialisten. Der Irak-Feldzug zeigt: Es gibt keinen "sauberen" Krieg. In Stahlgewittern ist der Mensch des Menschen Wolf, verwandeln sich nette Nachbarn in reißende Bestien. "Es genügt, einem Menschen eine Uniform anzuziehen, ihn von seiner Familie zu trennen und die Trommel zu rühren, um ein wildes Tier aus ihm zu machen", schrieb Leo Tolstoi. Wie viele Kriege toben gegenwärtig auf der Welt? Ein Dutzend? Zwei Dutzend? Oder mehr? Wie viele Menschen sind auf der Flucht? Zehn Millionen? Zwanzig Millionen? Es ist überall das Gleiche: Tod, Verderben, Leid. Und der selbst ernannte Weltpolizist verliert mit einem Schlag seine Glaubwürdigkeit. Die Politik der Bush-Regierung wird fortan mit den beschämenden Bildern aus dem irakischen Foltergefängnis identifiziert. Die USA haben nur eine Chance, Vertrauen zurückzugewinnen: Die Verantwortlichen müssen ihre Posten räumen - allen voran Pentagon-ChefDonald Rumsfeld, der die speziellen "Verhörmethoden" offenbar nur zu gut kennt. Und: Der Irak gehört in die Obhut der Vereinten Nationen, unter die militärische Kontrolle der Nato - schleunigst. p.reinhart@volksfreund.de

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