Wenn Santa Claus den Kopf verliert

Überdimensionale Schneemänner, riesige Weihnachtsmänner und jede Menge blinkende Lichter: Weihnachtszeit in den USA. Immer mehr Bürgern geht dieser Rummel auf die Nerven, es kommt immer häufiger zu Vandalismus gegen ausufernde Weihnachtsdeko.

Washington/San Antonio. Der Polizeibericht stellte den Sachverhalt knapp und nüchtern dar: "Santa Claus wurde gestern Abend vermutlich mit einem Messer geköpft. Täter sind derzeit unbekannt." Vorfälle wie diese, als in Richfield im Bundesstaat Minnesota ein Hauseigentümer die Zerstörung seines fast drei Meter großen aufblasbaren Weihnachtsmannes im Vorgarten beklagt, wiederholen sich derzeit täglich in den USA: In Reno (Nevada) wird "Frosty", ein mit Luft gefüllter überdimensionaler Schneemann, in Stücke geschnitten. Und auf Long Island (New York) stellt ein Hausbewohner nach einer dramatischen Verfolgungsjagd zwei Jungen, die später im Verhör gestehen, Santa Claus und andere Dekorationen auf dem Grundstück des Eigentümers mit Schraubenziehern attackiert zu haben. Den beiden droht nun jeweils ein Jahr Haft. Unfriedliche Nachrichten in einer friedlichen Zeit, die in den USA traditionell zur Verschönerung der Nachbarschaft genutzt wird - mit oft erheblichen Aufwand: So benötigte Jim McDilda aus Redding (Kalifornien) einen Baukran, um einen zehn Meter hohen beleuchteten Rundbogen, einen 18-Meter-Baum und 50 000 Lichter vor seinem Haus zu installieren. Rund 16 Milliarden Dollar, also etwa zwölf Milliarden Euro, geben die US-Bürger mittlerweile jährlich für beleuchtete Krippenszenen, luftgefüllte Rentiere im Superformat oder unentwegt blinkende Lichterketten aus - Tendenz steigend.Die Polizeibehörden, die sich mit dem Phänomen des zunehmenden Vandalismus beschäftigen müssen, sehen als Verursacher nicht nur zerstörungswütige Jugendliche, sondern auch radikale Umweltschützer und missmutige Nachbarn: 70 000 Lichter einer einzigen Hausdekoration oder ein während der Nacht unentwegt plärrendes "Jingle bells"-Motiv können so machen den Schlaf rauben und in die Verzweiflung treiben, vom Energieverbrauch und der Belastung der örtlichen Stromnetze ganz zu schweigen. Hunderte von Anzeigen gibt es mittlerweile um die Weihnachtsfeiertage, weil die ebenfalls von der Industrie angebotene wetterfeste Outdoor-Musikberieselung andere zur Verzweiflung treibt. In der Stadt New Eagle (Pennsylvania) bekam eine Familie in diesem Monat gleich zwei Strafzettel, weil sie die Nachbarschaft rund um die Uhr mit Weihnachts- und Popsongs berieselte. In Phoenix (Arizona) warf ein anderer Hausbesitzer das Handtuch und verzichtete auf seine 40 000 Euro teure Dekoration, nachdem er einen jahrelang Prozess gegen die örtlichen Behörden und Nachbarn verloren hatte, die den Verlust der Nachtruhe durch aus Lautsprechern plärrende Weihnachtsmusik und neugierige Touristen, die sogar in Reisebussen kamen, beklagt hatten. Und für John Sanders aus Auburn (Kalifornien) wird es ein tränenreiches Fest: Er hatte für jedes seiner zehn Enkelkinder im Vorgarten ein beleuchtetes Weihnachtssymbol errichtet - bis vergangene Woche unbekannte Täter alle Dekorationsstücke zerstörten. Unter den Opfern: Ein aufblasbarer "Santa", der gerade in einen Kamin klettert. Doch zumindest ein Teil der Symbole soll bis Heiligabend wieder aufgestellt sein.

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