Wer wird gewinnen?

TRIER/BERLIN. Während dem Lotteriewesen in Deutschland vom Kartellamt neues Ungemach droht (siehe Bericht oben), geht der grundsätzliche Streit um das staatliche Wett-Monopol weiter. "Jeder macht, was er will", kritisiert der Wettbewerbsrechtler Hans-Peter Schwintowski angesichts des aktuellen Wirrwarrs. Wie geht es weiter?

Welche Wette ist erlaubt - und welche nicht? Wer darf wo für Sportwetten werben - und wer nicht? Wer wird gewinnen im Streit um die Spiellust der Deutschen - und deren mögliche Spielsucht? Angesichts der aktuellen großen Rechtsunsicherheit im Umgang mit Sportwetten schüttelt der Berliner Wettbewerbsrechtler Professor Hans-Peter Schwintowski den Kopf: "Ich bin verblüfft. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts im März war klar, dass die Bundesländer sich abstimmen müssen", sagt der 58-Jährige auf TV-Anfrage. Davon ist aber noch immer nichts zu spüren. Im Frühjahr urteilte das Bundesverfassungsgericht, dass ein staatliches Monopol für Sportwetten mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit nur vereinbar ist, wenn es konsequent am Ziel der Bekämpfung von Suchtgefahren ausgerichtet ist. Es gibt für den Gesetzgeber demnach zwei Möglichkeiten: Entweder wird am Monopol festgehalten, wenn es mit Suchtprävention verbunden ist, oder der Sportwettenmarkt wird liberalisiert. Sachsen hatte der Deutschland-Tochter des privaten Wettanbieters "Bwin" jüngst mit Verweis auf das staatliche Monopol die Geschäftstätigkeit untersagt. Die gestrige Entscheidung des Bundeskartellamts zur Öffnung des Lotto-Markts hat derweil keine Auswirkungen auf dieses Verbot. Nachdem "Bwin" beim Verwaltungsgericht Widerspruch gegen die Entscheidung Sachsens eingelegt hat, ist das Chaos perfekt: Die Bundesländer verfolgen ganz unterschiedliche Strategien. Zwei Beispiele: In München wurden rund 50 Prozent der privaten Wettbüros geschlossen, in Köln gab das Verwaltungsgericht in 50 Fällen den Eilanträgen privater Wettbüros statt und verhinderte deren Schließung. Die Richter verweisen auf EU-Recht. Schon 2003 hatte der Europäische Gerichtshof gesagt, dass ein Verbot privater Sportwetten eine unzulässige Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit darstelle. "Bwin" hat inzwischen angekündigt, eine Wettsteuer in Deutschland zu zahlen, wenn im Gegenzug das staatliche Wettmonopol aufgehoben wird.Große Potenziale im Sportwetten-Markt

Für Schwintowski ist das Durchein-ander nicht nachvollziehbar: "Ich hätte direkt eine Kommission eingesetzt mit Vertretern der Bundesländer und Sportwetten-Anbietern sowie mit Verfassungsrechtlern. Bis zu den vorliegenden Ergebnissen hätte ein Abkommen geschlossen werden können, nach dem alle stillhalten und keiner klagt." In dem Streit zwischen Bundesländern, Unternehmern und Sportfunktionären geht es neben dem Aspekt der Suchtprävention vor allem um Milliarden Euro, die die Bundesländer dank Abgaben und Steuern mit Sportwetten verdienen - und die in Teilen zur Förderung dem organisierten Sport zufließen. Branchenexperten schätzen, dass sich der Umsatz im Sportwetten-Markt bis zum Jahr 2009 um mehr als 50 Prozent auf fünf Milliarden Euro erhöhen könnte. Der organisierte Sport dringt dar-auf, dass das Geld, das ihm aus Sportwetten zufließt, zumindest erhalten bleibt. Gleichzeitig werden zusätzliche Einnahmequellen gesehen. Nicht nur der Sport, auch Medien wären vom Verbot privater Sportwetten betroffen. Fabian Schiffer, Pressesprecher des Deutschen Sport-Fernsehens (DSF) sagt auf TV-Anfrage: "15 Prozent der Einnahmen aus klassischer Werbung im Bereich Sportwetten und Spiele gingen uns verloren." Das DSF ist in einem "Arbeitskreis Wetten" vertreten, in dem auch Vertreter von ProSieben, Sat.1, Premiere, RTL, des Burda-Verlags und von Bild-T-Online sitzen. Er will einen Vorschlag für eine Liberalisierung des Sportwetten-Markts entwickeln, der auch die Themen Suchtprävention und am Gemeinwohl orientierte Abgaben beinhaltet. Gleichzeitig sollen nach Auskunft von Schiffer die "am Gemeinwohl orientierten Abgaben beibehalten werden". Die Interessenslage ist klar: Es ist ein offenes Geheimnis, dass etwa RTL, Premiere oder das DSF mit eigenen Angeboten in Zukunft am expandierenden Geschäft mit Sportwetten partizipieren wollen. "So schnell wie möglich" (Schiffer) will der Arbeitskreis sein Modell präsentieren, auf jeden Fall noch bevor die Ministerpräsidenten einen neuen Lotteriestaatsvertrag auf den Weg bringen. Das soll im Herbst der Fall sein. Dann ist klar, wer gewinnen wird.

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