"Wir brauchen alle drei Mandate"

Peter Struck wirkte etwas gereizt: "Ich mache doch jetzt keine Wasserstandsmeldungen", polterte der SPD-Fraktionschef auf die Frage, wie viele Genossen sich wohl der anstehenden Mandatsverlängerung für den Bundeswehreinsatz in Afghanistan verweigern werden. Die Fraktions-Sitzung am Freitag schien immerhin dazu beigetragen zu haben, die SPD-Reihen zu schließen.

Berlin. Noch im März bei der Abstimmung über die Entsendung von Aufklärungs-Tornados wurden bei der SPD immerhin 69 Nein-Sager gezählt. "Das werden weniger sein", sagte Struck. Der Optimismus des Fraktionsvorsitzenden ist durchaus berechtigt. Gestern kamen die SPD-Bundestags-Abgeordneten erstmals nach der Sommerpause wieder in Berlin zusammen, um über den Militäreinsatz zu debattieren. Es handelte sich gewissermaßen um die politische Aufwärmphase.

Entschieden wurde noch nichts, doch die Fraktionsführung mühte sich nach Kräften, die Skepsis über die Afghanistan-Mission zu zerstreuen. Neben Parteichef Kurt Beck, einem glasklaren Befürworter des Einsatzes "in allen seinen Teilen", waren auch drei afghanische Politiker zu Gast, die von großen Fortschritten bei der Bekämpfung der Taliban und beim zivilen Wiederaufbau berichteten. Ihre Vorträge gerieten zu einem flammenden Appell für eine Fortsetzung des deutschen Engagements. "Das war sehr beeindruckend", schwärmten Beck und Struck. Wer wollte sich da noch als Kritiker outen? Zumal auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier in einem Diskussionsbeitrag die Notwendigkeit des Militär-Einsatzes beschwor. "Hätten wir danach abgestimmt, wären alle dafür gewesen", schilderte ein Abgeordneter die Atmosphäre.

Abgestimmt wird jedoch erst im Herbst. Dabei soll das Votum über die Verlängerung des ISAF-Einsatzes zur Absicherung des Wiederaufbaus mit dem Mandat für den Tornado-Einsatz kombiniert werden. Kritiker sehen darin ein taktisches Manöver, weil alle, die für das unstrittige ISAF-Mandat sind, auch die deutschen Aufklärungsflüge "schlucken" müssen. An einer überwältigenden Mehrheit der SPD-Parlamentarier für eine Verlängerung beider Missionen herrscht jedoch kein Zweifel. Schwieriger wird es beim dritten Einsatz, der US-geführten Anti-Terror-Mission "Enduring Freedom" (OEF), an der auch bis zu 100 deutsche Elite-Soldaten des Kommandos Spezialkräfte (KSK) beteiligt sind. Eigentlich sollte darüber schon vor dem Ende Oktober stattfindenden SPD-Bundesparteitag abgestimmt werden. Doch die Basis erzwang eine Kursänderung. Um den Konvent der Genossen nicht vor vollendete Tatsachen zu stellen, steht das OEF-Mandat nun erst im November auf der Tagesordnung des Bundestages. "Sollte der Parteitag gegen OEF entscheiden, haben wir ein Problem", meinte SPD-Außenamtsstaatsekretär Gernot Erler. Dem Vernehmen nach wollen dort die Partei- und Fraktionsspitzen in die Bütt gehen, um die Delegierten davon abzubringen.

Kurt Beck kam den Bedenkenträgern gestern schon mal entgegen, indem er einen "Katalog von begleitenden politischen Aktivitäten" für das OEF-Mandat in Aussicht stellte. So sollen etwa die Nato-Verbündeten in Afghanistan dazu bewegt werden, die Zahl der Opfer unter der Zivilbevölkerung "deutlich zurückzuführen".

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