"Wir sind jetzt stabil"

Trotz schlechter Umfragewerte sieht SPD-Generalsekretär Hubertus Heil seine Partei nach den zurückliegenden Debatten jetzt wieder gut aufgestellt und stabilisiert. Das sagte Heil in einem Gespräch mit unserer Zeitung.

Berlin. (wk) Die SPD macht in Optimismus. Auch vor einem Wahlkampf um die Atomkraft habe man keine Angst, erläuterte der 35-jährige SPD-Generalsekretär Hubertus Heil gegenüber dem TV. Das Gespräch mit dem SPD-Politiker führte unser Korrespondent Werner Kolhoff:

Die Atomenergie scheint zum Wahlkampfthema zu werden. Macht Ihnen das Sorgen?

Heil: Absolut nicht. Wenn die CDU diesen Konflikt, der unser Land 30 Jahre lang gespalten hat, wieder aufwärmen will, dann sind wir gut aufgestellt. Wir haben die besseren Argumente für den geordneten Ausstieg aus der Atomkraft.

Die CDU auch, denn sie verspricht billigeren Strom durch längere Laufzeiten.

Heil: Erstens ist Atomkraft keine sichere Technologie. Wir haben ja gerade wieder Zwischenfälle in Frankreich erlebt. Zweitens: Die hohen Energiepreise, die die Menschen belasten, werden an den Tankstellen bezahlt oder für Heizöl und Gas. Da hilft Atomkraft überhaupt nicht. Und drittens: Wenn das Märchen stimmen würde, dass Atomstrom billiger ist, warum sind dann jetzt die Strompreise so hoch? Nein, bei der Verlängerung von Restlaufzeiten geht es lediglich um Extraprofite für die Energiekonzerne. Und es würden Investitionen in moderne Kraftwerke und erneuerbare Energien blockiert. Das ist weder aus Gründen des Klimaschutzes noch ökonomisch sinnvoll.

Sind Sie sicher, dass Ihre Ablehnungsfront hält? Immerhin mehren sich die kritischen Stimmen auch in den eigenen Reihen.

Heil: Ich bin mir ganz sicher: Es bleibt beim vereinbarten Atomkonsens. Die SPD steht.

Trotzdem müssen sie die Sorgen der Menschen beantworten, die immer mehr für Energie bezahlen müssen.

Heil: Wir nehmen diese Sorgen sehr ernst, aber gerade deshalb darf man keine unseriösen Versprechungen geben, die keiner halten kann. Die Entwicklung der Ölpreise wird auf den internationalen Rohstoffmärkten bestimmt, durch die steigende Nachfrage, auch durch Spekulation. Dagegen ist ein international abgestimmtes Vorgehen notwendig.

Das hilft aber kaum dem Normalbürger.

Heil: Deswegen wollen wir Entlastungen für die arbeitenden Menschen. Unser Konzept sieht neben der steuerlichen Absetzbarkeit von Krankenversicherungsbeiträgen für alle eine Senkung der Sozialabgaben vor.

Angela Merkel schwimmt gerade auf einer Erfolgswelle, was man von der SPD nicht sagen kann. Haben Sie ein Gegenrezept?

Heil: Sie macht das geschickt, aber das zahlt sich nicht für die Union aus. Schließlich kann niemand genau sagen, für welche Leitidee die Union steht. Die SPD hat schwierige Diskussionen hinter sich. Aber wir sind jetzt stabil und haben viele Fragen geklärt, etwa unser Steuer- und Abgabenkonzept oder unsere Vorschläge zur Bildungspolitik. Wir stehen für Aufstieg und Gerechtigkeit. Die Bundestagswahl wird gewinnen, wer ein glaubwürdiges Konzept für die Zukunft hat. Ich bin für die SPD zuversichtlich.

Im September berät die Hessen-SPD auf einem Landesparteitag erneut über eine Linkskoalition. Stört Sie das?

Heil: Es bleibt bei dem, was beschlossen und gesagt ist. Im Übrigen ist es gerade die CDU, die bei diesem Thema Merkwürdiges an den Tag legt: In Ostdeutschland gibt es auf kommunaler Ebene vielfältige Kooperationen zwischen CDU und Linkspartei. Und der CDU-Ministerpräsident Sachsen-Anhalts hat gerade öffentlich über CDU-Koalitionen mit der Linkspartei philosophiert. Gleichzeitig stellen sich Angela Merkel und Erwin Huber hin und malen das Gespenst einer Volksfront an die Wand. Das ist eine unglaubliche Heuchelei.

Halten Sie es auch für doppeltes Spiel, wenn Merkel die SPD als CDU-Vorsitzende scharf angreift, als Kanzlerin aber ein Loblied auf die Koalition singt?

Heil: Es ist schon auffällig, dass Frau Merkel in ein und derselben Pressekonferenz als CDU-Vorsitzende Mindestlöhne strikt ablehnt und als Kanzlerin anschließend Gesprächsbereitschaft über den Mindestlohn in der Zeitarbeit mit der SPD signalisiert. Dazu kann sich jeder ein eigenes Urteil machen. Frau Merkels Äußerung, es gebe kein Lohndumping in der Zeit- und Leiharbeit, zeugt davon, dass sie über die Lebenswirklichkeit der Menschen schlecht informiert ist. Wir werden Mindestlöhne durchsetzen.

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