Genossen sind gewarnt: Parteiausschluss eine höchst fragliche Sache

Berlin/Hannover · Der SPD-Bezirk Hannover hat seit der Prozesseinstellung am Montag nun das Parteiordnungsverfahren gegen den Ex-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy wieder aufgenommen. Ziel: Parteiausschluss. Es gibt große Fragezeichen, ob das gelingen wird.

Berlin/Hannover. Das Landgericht Verden hat den Kinderporno-Prozess gegen Sebastian Edathy gegen eine Geldauflage von 5000 Euro eingestellt (TV vom 3. März). Die SPD möchte ihren Ex-Abgeordneten nun aus der Partei ausschließen. Doch vor einen Parteiausschluss sind hohe Hürden gesetzt.
Schwerwiegende Verstöße gegen "Grundsätze der Partei" können ein Grund sein. Auch "ehrlose Handlungen" werden im Statut angeführt. Aber gilt das auch für privates Verhalten und vor allem für sexuelle Praktiken von SPD-Mitgliedern? Dafür gibt es bisher kein Beispiel. Ein anderer Fall von Kinderpornografie, der des einstigen SPD-Bundestagsabgeordneten Jörg Tauss, endete 2010 damit, dass der Betreffende von sich aus die Partei verließ und in die Piratenpartei eintrat - ohne Schuldeingeständnis. Die SPD hat in der Vergangenheit überdies keine guten Erfahrungen mit Parteiordnungsverfahren gegen Prominente gemacht. Thilo Sarrazin, bei dem es um eine abweichende politische Meinung ging, gewann sein Verfahren de facto. Und Wolfgang Clement ging von sich aus, weil er nicht mal eine milde Rüge der Partei akzeptieren wollte: Dabei hatte er in Hessen sogar vor der Wahl der eigenen Partei gewarnt - eigentlich ein klarer Fall. Parteischiedsgerichte sind unabhängig und unberechenbar. Zudem hätte Edathy immer noch die Möglichkeit, beim Bundesschiedsgericht in Berufung zu gehen. Außerdem könnte der Mann danach die Zivilgerichte anrufen und so weiter unliebsame Schlagzeilen machen. Intern gab es deshalb schon vor einem Jahr im SPD-Vorstand den warnenden Hinweis von Leuten, die das alles schon mal mitgemacht hatten: "Bei Parteiordnungsverfahren: Vorsicht an der Bahnsteigkante".

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