Petition an den Bundestag: Trierer Richterin tritt für Behinderte ein

Trier · Behinderte sollen die rechtliche Grundlage für eine unabhängige Lebensführung erhalten. Doch der Entwurf für das Teilhabegesetz stößt auf große Kritik. Die Triererin Nancy Poser will nun mit einer Petition vor dem Bundestag für Verbesserungen sorgen.

Trier. "Wir wollen erreichen, dass niemand gegen seinen Willen in ein Heim muss." Das ist für die Trierer Richterin und Behindertenaktivistin Nancy Poser das wichtigste Anliegen der von ihr initiierten Petition 67028 an den Deutschen Bundestag. In den kommenden Wochen muss sie nun 50 000 Unterzeichner finden. Dann wäre das Parlament dazu verpflichtet, sich mit dem Anliegen zu befassen. Es geht um das neue Bundesteilhabegesetz, das die Rechte behinderter Menschen in Deutschland deutlich verbessern soll. Vor allem die Trennung von der Sozialhilfe-Gesetzgebung könnte vielen Schwerbehinderten mehr finanzielle Spielräume lassen. Nancy Poser, selbst seit Jahren auf eine ständige Betreuung angewiesen, hält das allein für nicht ausreichend. "Uns geht es darum, dass die Bestimmungen der UN-Behindertenrechtskonvention eingehalten und garantiert werden." Weil laut Gesetzentwurf der Grundsatz ambulant vor stationär abgeschafft werden solle und das Wunsch- und Wahlrecht sich an Kostengesichtspunkten orientiere, drohe Behinderten eine Unterbringung im Heim. Zwar verweisen andere Rechtsexperten darauf, dass eine solche Anordnung auch mit dem neuen Gesetz vor Gericht meist einkassiert würde. "Viele Betroffene haben aber nicht die Kraft, das vor Gericht auszufechten", hält die 36-jährige Poser dagegen. Ende September soll im Bundestag und danach im Bundesrat über das Gesetz entschieden werden. Der Sachverständigenrat der Bundesregierung, zu dem auch Nancy Poser zählt, diskutiert dann am 17. Oktober über den Gesetzentwurf. Vor Ende des Jahres soll er verabschiedet sein. Kinobesuch als Problemfall

Wenn die Petition aus Trier keinen Erfolg hat, könnte dann auch das umstrittene Poolen von Leistungen Realität werden. Dann würde Menschen wie Nancy Poser, die auf eine persönliche Assistenz angewiesen sind, möglicherweise die Chance genommen, individuell am öffentlichen Leben teilzunehmen. Wer dann ins Kino oder in ein Konzert gehen will, muss darauf hoffen, dass dafür eine Gruppe gleichgesinnter Schwerbehinderter zusammenkommt. Für die 36-Jährige ist das eine Horrorvorstellung: "Wenn ich mehr Geld behalten darf, ist das gut. Aber wenn ich zu Hause nicht wegkomme, dann kann ich mir meinen Kontostand ausdrucken und an die Wand hängen." Das neue Gesetz biete zwar einige Verbesserungen. "Aber so lange der große Rahmen nicht stimmt, bringt es wenig."Extra

"Der Deutsche Bundestag möge ein Bundesteilhabegesetz beschließen, welches die Bestimmungen der UN-Behindertenrechtskonvention beachtet. Insbesondere ist Menschen mit Behinderung ausdrücklich eine unabhängige Lebensführung zu garantieren sowie die voll und wirksame Teilhabe an der Gesellschaft, insbesondere am politischen und öffentlichen sowie kulturellen Leben." red epetitionen.bundestag.de

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