Beeindruckende Geschichtsstunde

17 Jugendliche haben sich mit Zeitzeugen des Holocaust in Schweich unterhalten. Die gefilmten Gespräche werden Teil einer Ausstellung. Zur Eröffnung am 27. Januar kommt Charlotte Knobloch, Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland.

Schweich. (sbn) Für Pastoralreferent Roland Hinzmann ist es "eine Sternstunde" in Sachen Kooperation zwischen Dekanat, Jugendbüro und Schulen. Seit Monaten arbeiten die Verantwortlichen von kommunalen und kirchlichen Einrichtungen beider Konfessionen sowie die jüdische Kultusgemeinde in Trier ebenso wie Personen und Gruppen, die sich im jüdisch-christlichen Dialog engagieren, an dem Projekt, das sich mit vergangenem jüdischen Leben in den Orten der Verbandsgemeinde Schweich beschäftigt.

Die 17 Schüler, ein bunter Mix aus Zehntklässlern des Schweicher Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums, des offenen Jugendtreffs und der Levana-Schule, erleben eine sehr emotionale Geschichtsstunde - ein Gespräch mit drei Zeitzeugen, Mathilde Hannig, Martha Pauli und Josef Schmitt, die die Zeit vor, während und nach der Reichspogromnacht 1938 miterlebt haben.

Uwe Krämer und Felix Jordan, 16 und 15 Jahre alt, sind im Anschluss sichtlich aufgewühlt: "Es bedrückt, wenn man Menschen gegenübersitzt und von ihnen hört, wie sie die Zeit damals erlebt haben und was sich hier bei uns in Schweich abspielte. Unfassbar, dass die jüdische Gemeinde, die einmal mehr als 140 Mitglieder hatte, nach 200 Jahren einfach aufhörte zu existieren."

In einer Internetrallye hatten sich die jungen Leute zuvor an acht Laptops der erstmals eingesetzten mobilen Medienstation auf das Gespräch mit den Zeitzeugen vorbereitet. Nun schaaren sich die Schüler im Halbkreis um die Zeitzeugen.

Erinnerung an den Morgen des 10. November 1938



Die drei erzählen von der Zeit um 1935, als es "so langsam los ging", die Juden isoliert und gedemütigt wurden, in ihre Kennkarten ein "J" eingestempelt wurde. Beklemmung und Betroffenheit werden bei den jungen Leuten spürbar, als sich Josef Schmitt erinnert. An den Morgen des 10. Novembers 1938, der sich ihm, damals 12 Jahre alt, ins Gedächtnis eingebrannt hat. "Mein Vater kam müde von der Arbeit im Stellwerk und war ganz außer sich. Überall würden zertrümmerte Möbel und Kleidungsstücke auf der Straße liegen, Scheiben seien eingeschlagen, Geschäfte und Häuser geplündert, Türen zertreten. Uns Kindern schärfte er ein, schnurstracks zur Schule zu gehen und sich von niemandem zu irgendetwas animieren zu lassen."

Alle Gespräche wurden auf Film aufgezeichnet und sollen in einer großen Ausstellung ab dem 27. Januar in der Schweicher Synagoge zu sehen sein (siehe Extra).

Bei der Abschluss-Präsentation des Projekts vor lokaler Prominenz war Schweichs Stadtbürgermeister Otmar Rössler sichtlich beeindruckt: "Für mich ist das ein tolles Zeichen gegen das Vergessen, für Toleranz, gegen Ausgrenzung und für das Miteinander der Generationen."

Extra Künftig sollen alljährlich zum Holocaust-Gedenktag am 27. Januar in der Synagoge in Schweich Veranstaltungen stattfinden, die die Erinnerung bewahren und mit dem jüdischen Glauben und Denken vertraut machen. Die im Projekt gefilmten Zeitzeugen-Gespräche werden am 27 Januar 2010 in einer Ausstellung in der Schweicher Synagoge präsentiert. Zur Eröffnung der Ausstellung hat die Präsidentin des Zentralrates der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, ihr Kommen zugesagt.

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