Aus unserem Archiv Rot für die Welt: Simply Red 2009 in Luxemburg

Aus unserem Redaktionsarchiv aus dem Jahr 2009: Die größten Hits zum Feierabend: Simply Red, die Band um Rotschopf Mick Hucknall (48), wird sich nach dem Tour-Ende im Sommer auflösen. In Luxemburg zeigten die Briten, was man vermissen könnte.

 Alles auf Rot: Mick Hucknall beim Auftritt mit Simply Red in der ausverkauften Rockhal Esch. TV-Foto: Andreas Feichtner

Alles auf Rot: Mick Hucknall beim Auftritt mit Simply Red in der ausverkauften Rockhal Esch. TV-Foto: Andreas Feichtner

Er soll ja bloß nicht glauben, dass man wegen eineinhalb nostalgischen, schwelgerischen Stunden und ein bisschen Fußwippen gleich alle ehernen Prinzipien des Zeitmanagements über die Reling schleudert, der feine Herr Popstar! Es ist schon nach neun Uhr, das Saal-Licht in der bis in die letzte Ritze vollen Rockhal ist seit dicke einer halben Stunde aus. Nur Mick Hucknall fehlt, die "Ich-AG des Pop" ("Die Zeit"). Der tätowierte Weinberg- und Restaurant-Besitzer mit Rubin im Schneidezahn, Soul in der Stimme, Manchester United im Herzen. Der Ex-Freund einer ganz Busladung voll bewährter Stammkräfte auf der "Welt"-Seite.

Wird wohl noch den Rotwein dekantieren, damit der bis zum Konzertende ausreichend atmen kann. Aber Zeit ist Geld, auch in der Krise. Und beides ist immer knapp, "too tight to mention", wie Hucknall später bei einer Zugabe feststellen wird. So gibt es von erstaunlich vielen Zuschauern ein Pfeifkonzert der deftigen Art, noch bevor der erste Akkord aus den Boxen perlt. Gelbe Karte für Häuptling Rotlocke. Hier ist Abliefern gefordert. Hits, Hits, Hits. Aber pronto! Sind ja nicht zum Vergnügen hier.

Ach so - doch. Um es vorweg zu nehmen: Nach dem Simply-Red-Konzert, nach gut anderthalb Stunden in 20 Stücken durch das Vierteljahrhundert Bandgeschichte, ist die Stimmung gelöst, heiter, nicht euphorisch, aber doch beschwingt. Hucknall ist keiner, der seine Fans mit schlechter Laune oder schwerem Gemüt ins Bett schickt. Leichte Muse? Schon. Die wird allerdings hochklassig von der neunköpfigen Band in Szene gesetzt. Mit scharfen Bläsern, tiefschwarzen Background-Stimmen und einer Rhythmik, die sich auch schon mal in Lateinamerika bedient ("Fairground"). Funk trifft Soul, Pop trifft Radio. Das trifft vielleicht nicht jedes rastlose Herz. Aber die Füße scharren im Takt.

Das angenehme Gefühl lässt sich recht einfach sezieren: Der Klang ist top - ausgewogen, voluminös, bis ins Detail transparent. Hucknall ist zudem bei den letzten Auftritten mit Simply Red in bester Verfassung. Nach der Tour will er als Solokünstler weitermachen. Seine glockenklare Stimme, die sich zwischen Soul und Pop nie so richtig entscheiden wollte, ist ein Markenzeichen der Band. Es ist keine Stimme für Blues oder Rock, dafür ist sie zu glatt. Aber eine, die man sofort zuordnen kann. So sind auch Coverversionen im eigenen Stil zum Merkmal geworden (wie "If you don't know me by now" oder "The Air that I breathe"). Bei getragenen Nummern säuselt sich Hucknall bisweilen zwar kuschelig in Richtung Kitsch. Allemal für jemanden, der bis in die frühen 80er in einer Punkband gesungen hat. Aber man muss ja nicht gleich Rot sehen. Obwohl: Ist ja schon eine schöne Farbe, Mick!

Simply-Red-Konzerte: u.a. 9. Mai Köln (Arena), 13. Mai, Frankfurt, Festhalle