Lauterbach wird Gesundheitsminister Das sind alle Minister der neuen Ampel-Regierung
Gesundheitsminister Karl Lauterbach (58, SPD) ist in seiner Partei nicht so beliebt wie in der Öffentlichkeit durch unzählige Talkshow-Auftritte. Insofern kam die Nominierung des Mediziners, Epidemiologen und Gesundheitsökonomen durchaus überraschend. Der fünffache Vater ist beliebt und verhasst zugleich, braucht Personenschutz. Auf den Leverkusener wartet mit der Corona-Krise eine Herkulesaufgabe.
Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (56, SPD) hatte sich schon abgemeldet, doch nun folgt doch noch der Karrierehöhepunkt. Die frühere Justizministerin soll die Bundeswehr durch unsichere Zeiten führen. Die Juristin gilt als durchsetzungsstark und pflichtbewusst. Mit Verteidigungspolitik hatte die frühere Fraktionsmanagerin bisher aber kaum Berührungspunkte.
Arbeitsminister Hubertus Heil (49, SPD) bleibt im Amt und wurde von Scholz bei der Vorstellung der SPD-Minister als „Schlacht- und Niedersachsen-Ross“ geadelt. Verdient machte sich der Pragmatiker in der Corona-Krise und mit der Einführung der Grundrente. Jetzt muss er den Mindestlohn von zwölf Euro, das Bürgergeld und die Stabilisierung der Rente durchsetzen.
Außenministerin Annalena Baerbock (40, Grüne) ist die erste Frau in diesem Amt – für die Völkerrechtlerin und Grünen-Kanzlerkandidatin ein deutlicher Karrieresprung. Baerbock wird nun mindestens so viel im Flugzeug sein wie Kanzler Olaf Scholz – fernab von der Wahlheimat Potsdam, wo ihr Mann und ihre zwei kleinen Töchter leben. Erste Bewährungsproben kommen mit dem Ukraine-Russland-Konflikt. Die bisherige Parteichefin will eine Klima-Außenpolitik betreiben.
Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (52, Grüne) übernimmt eine der Schaltstellen der Ampel-Regierung. Der promovierte Philosoph sicherte sich auch den Posten des Vize-Kanzlers. Ein Superministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und Natur hatte der Flensburger schon in Schleswig-Holstein inne. Habeck könnte in Erklärungsnot geraten, wenn Klimaziele verfehlt werden und Energiepreise weiter ansteigen.
Justizminister Marco Buschmann (44, FDP) gehört zu den engsten Vertrauten von Parteichef Lindner. Der Jurist mit Summa-Cum-Laude-Doktortitel hat Lindner zunächst als Bundesgeschäftsführer, später als Parlamentsgeschäftsführer den Rücken frei gehalten. In der Corona-Krise muss Buschmann den Schwenk der FDP von der Oppositions- in die verantwortlichere Regierungsrolle moderieren.
Innenministerin Nancy Faeser (51, SPD) rückt als erste Frau in das mächtige Innenressort; bisher hat die hessische Partei- und Fraktionschefin keine administrative Erfahrungen. Die Juristin will die Bekämpfung des Rechtsextremismus zum Schwerpunkt machen. In Hessen machte sie sich bei der Aufarbeitung der NSU-Morde einen Namen.
Bauministerin Klara Geywitz (45, SPD) ist eine Vertraute von Olaf Scholz, die auch mit dessen Ehefrau Britta Ernst eng befreundet ist. Die Brandenburgerin bewarb sich 2019 mit Scholz vergeblich um den Parteivorsitz. Nun soll sie das Ampel-Ziel von jährlich 400.000 neuen Wohnungen umsetzen. Die Potsdamer Politikwissenschaftlerin und Mutter dreier Kinder arbeitete im Landesrechnungshof und hatte dort auch mit der Bauverwaltung zu tun.
Verkehrsminister Volker Wissing (51, FDP) war in Rheinland-Pfalz einer der Architekten der dortigen Ampel-Koalition. Im September 2020 holte Parteichef Lindner ihn nach als Generalsekretär nach Berlin. Im Verkehrsministerium dürfte der frühere Richter und Staatsanwalt zum Gegenspieler der Grünen werden. Wissing will bei der Verkehrswende „aufs Engste“ mit der Autoindustrie zusammenarbeiten.
Entwicklungsministerin Svenja Schulze (53, SPD) hat als Umweltministerin einen guten Job gemacht. Nun muss sie ihre Hartnäckigkeit erneut unter Beweis stellen und steigende Entwicklungshilfe-Ausgaben durchsetzen. Eine der Hauptaufgaben der studierten Germanistin aus NRW: Arme Länder im Kampf gegen Erderwärmung und Corona-Pandemie unterstützen.
Finanzminister Christian Lindner (42, FDP) hat sich im Machtkampf gegen Grünen-Chef Robert Habeck durchgesetzt, der den Posten ebenfalls gerne gehabt hätte. 2017 führte der Partei- und Fraktionschef die FDP nach vier Jahren außerparlamentarischer Opposition zurück in den Bundestag. Der studierte Politikwissenschaftler hat noch keine administrative Erfahrung, nun muss er die Finanzierung der Ampel-Pläne sicherstellen, ohne ab 2023 die Schuldenbremse zu verletzen oder die Steuern zu erhöhen.
Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt (51, SPD) ist seit 20 Jahren der engste Vertraute von Olaf Scholz. Hamburger und Jurist wie Scholz ist er dessen Berater, Verteidiger, Wegbereiter. Schmidt war Büroleiter der Hamburger Landesvertretung in Berlin und Staatssekretär im Bundesfinanzministerium. Im Kanzleramt will er die Impfkampagne vorantreiben.
Agrarminister Cem Özdemir (55, Grüne) ist das erste Kabinettsmitglied mit türkischen Wurzeln. Der Diplom-Sozialpädagoge hat in Stuttgart das Direktmandat mit 40 Prozent geholt, dem besten Erststimmen-Ergebnis aller Grünen. Bei vielen Parteilinken ist der Realo nicht beliebt, erst recht, weil Özdemir anstelle des ehemaligen Fraktionschefs Anton Hofreiter zu Ministerehren kam. Der ehemalige Parteichef muss sich mit der mächtigen Bauernlobby anlegen.
Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (53, FDP) kam 2017 erstmals in den Bundestag und legte seitdem eine steile Karriere hin. DIe Hessin wurde Finanzausschuss-Vorsitzende und Parlamentarische Geschäftsführerin. Als frühere Wissenschaftsmanagerin kennt sich die Hessin in der Forschungslandschaft aus. In der Schulpolitik will sie die Digitalisierung vorantreiben.
Familienministerin Anne Spiegel (40, Grüne) bringt Ampel-Erfahrungen als ehemalige Familien- und Umweltministerin in Rheinland-Pfalz mit. Dort ging sie als erstes Kabinettsmitglied 2018 in den Mutterschutz, um ihr viertes Kind auf die Welt zu bringen. Spiegel will Familien stärken und Kinder besser schützen. In Mainz geriet Spiegel wegen formeller Fehler bei einer Stellenbesetzung in die Schlagzeilen.
Umweltministerin Steffi Lemke (53, Grüne) gehörte 1989 zu den Mitbegründern der Grünen-Partei in der DDR. Sie war fast elf Jahre Bundesgeschäftsführerin der Grünen und ist in der Partei bestens vernetzt. 2013 zog sich die Diplom-Agraringenieurin aus der ersten Reihe der Grünen zurück. Als Fachpolitikerin kennt sie sich beim Naturschutz gut aus. Ärger hat sie zuhause: Ihr Landesverband in Sachsen-Anhalt fordert von Lemke, ihr Bundestagsmandat aufzugeben.