Weihnachten 2021 Für echte Geschenke braucht es kein Weihnachten: Wie eine flutgeschädigte Familie aus der Eifel das Fest erlebt

Speicher · Plätzchen, Tannenbaum, Weihnachtsschmuck: Das alles gibt’s nicht in diesem Jahr bei Christoph und Klara Richarts. Es sei ihnen nicht danach, sagen sie. Die Folgen dessen, was das Ehepaar am 14. und 15. Juli erleben musste, sie wiegen noch zu schwer. Damals flutete die Kyll ihr Haus, stand bis zu 2,20 Meter im Erdgeschoss. Eine Geschichte über verlorene Schätze, Dankbarkeit und wahre Geschenke.

 Wegziehen? Die alte Mühle aufgeben? „Niemals“, sagt Christoph Richarts.

Wegziehen? Die alte Mühle aufgeben? „Niemals“, sagt Christoph Richarts.

Foto: Marek Fritzen

Er fällt kaum auf, der Strich vorne an der Hauswand. Links oberhalb des Briefkastens. Waagerecht, dünn mit schwarzer Farbe, erst kräftig, dann immer schwächer werdend. 20 Zentimeter, maximal, länger ist er nicht. Es ist das stille Mahnmal zweier Tage, von denen Christoph Richarts sagt, sie seien die schlimmsten seines Lebens gewesen. Der 78-Jährige und seine Frau Klara sitzen zwei, vielleicht drei Meter von der Stelle mit dem Strich entfernt, auf der anderen Seite der Wand, im Büro im Erdgeschoss. Stuck an der Decke, es riecht nach frischer Farbe. Ab und an läuft jemand über den Flur, die Handwerker sind im Haus, kümmern sich an diesem Tag um den Fußboden im Wohnzimmer. Richarts – braune Cordhose, kariertes Hemd, Cardigan – legt die Hände auf die Lehnen seines Schreibtischstuhls. „Man muss sich das mal vorstellen“, setzt der 78-Jährige an, „ich lebe seit meiner Geburt hier, und ich kann mich nicht daran erinnern, dass das Wasser jemals bei uns ins Haus gelaufen ist“. Richarts schüttelt den Kopf. Klar, Hochwasser, das habe es häufiger gegeben. Immer mal wieder habe die Kyll, die sich hinterm Haus so friedlich ihren Weg in Richtung Trier-Ehrang bahnt, immer mal wieder habe sie sich in den vergangenen Jahren Platz geschaffen, ihr Bett verlassen. Hier mal eine kleine Überschwemmung, da mal ein kleines Hochwasser. Nichts Wildes.

 Drei Marken, drei historische Hochwasser: Ganz oben, der schwarze Strich, der zeugt vom Jahrhundert-Hochwasser im Juli 2021.

Drei Marken, drei historische Hochwasser: Ganz oben, der schwarze Strich, der zeugt vom Jahrhundert-Hochwasser im Juli 2021.

Foto: Marek Fritzen