Als Bitburg im Schutt versank

BITBURG. (len) Wo stand der Fotograf, der die Bitburger Innenstadt 1945 in total zerstörtem Zustand abgelichtet hat? Und was ist mit der Bitburger Synagoge passiert? Diesen Fragen ging eine Berufsschulklasse der Theobald-Simon-Schule bei einer Führung anlässlich der Ausstellung "Trümmerzeit" im Kreismuseum Bitburg-Prüm nach.

Meterhoch lagen die Trümmer auf den Straßen, und kaum ein Haus stand noch: Der Zweite Weltkrieg hinterließ in Bitburg eine heute kaum vorstellbare Verwüstung. Ein Foto der zerstörten Bitburger Innenstadt inspirierte Berthold Brecht zu einem Vierzeiler, den er 1955 zusammen mit 68 weiteren Bildgedichten in seiner "Kriegsfibel" veröffentlichte: "Das sind die Städte, wo wir unser ,heil!‘ - Den Weltzerstörern einst entgegenröhrten. - Und unsre Städte sind auch nur ein Teil - Von all den Städten, welche wir zerstörten." Auf den Spuren der Vergangenheit bewegten sich die Schüler einer Klasse der Theobald-Simon-Schule: Burkhard Kaufmann vom Kreismuseum Bitburg-Prüm führte die Schüler zu Orten in der Bitburger Innenstadt, an denen sich die Spuren der Geschichte noch erahnen lassen. Beispielsweise an "Zangerles Eck", an eine Stelle in der Fußgängerzone, wo Adolf Hitler bei der Durchfahrt fotografiert wurde, und an den ehemaligen Standort der Synagoge. "Sind euch die Steine, die hier liegen, aufgefallen?", fragt Kaufmann die Schüler an der Gedenktafel für die ehemalige Synagoge und hält einen der weißen Kiesel hoch, die neben der Tafel liegen. Und dann erklärt er den jüdischen Brauch, beim Besuch eines Denkmals einen Stein zurückzulassen - als Zeichen, dass man etwas für den Erhalt tut. Kaufmann weist auch auf einen Fehler auf der Gedenktafel hin: Die Synagoge sei nicht, wie auf der Tafel vermerkt, Weihnachten 1944 bei Angriffen zerstört, sondern nach dem Krieg abgerissen worden. In der Fußgängerzone lässt Kaufmann die Schüler die Stelle suchen, an der der Fotograf stand, der das Foto aufnahm, das Brecht zu dem Gedicht inspirierte. Mit dem Bild in der Hand suchen die Schüler die Häuser nach Anhaltspunkten ab, gehen ein Stück weiter, bis sie die richtige Stelle gefunden haben. Aber irgendetwas scheint immer noch nicht zu stimmen. "Der Fotograf hat höher gestanden", erklärt Kaufmann. "Hier lagen ja Berge von Schutt."Seltene Exponate in der Ausstellung

Bereits einige Wochen zuvor hatte die Klasse die Ausstellung "Trümmerzeit" im Kreismuseum besucht. In der Ausstellung war das Kriegsende in Bitburg dokumentiert, der Zustand, den die Amerikaner bei ihrem Einmarsch in die Stadt vorfanden, und wie Brechts Buch zustande kam. So war in der Ausstellung, die bis Ende Juli stattfand, die Erstausgabe der "Kriegsfibel" ebenso zu sehen wie eine Reproduktion der Manuskriptseite mit dem Bitburger Foto. An die Nazi-Zeit und an den Krieg erinnerten zahlreiche Exponate, beispielsweise eine Anschlagtafel der NSDAP, die Kleidung eines deutschen Kriegsgefangenen oder eine amerikanische Fliegerbombe, die auf dem Gelände der Bitburger Brauerei ausgegraben wurde. Die persönliche Seite des Krieges vermittelten Fotoalben und ein Tagebuch. Insgesamt haben 44 Schulklassen die Ausstellung besucht. Möglich gemacht hat das die Sparkassen-Stiftung, die die Besuche bezuschusst hat.

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