Gartenfreud' ist des Nachbars Gartenleid

Berlin · Sommerzeit ist Garten- oder Terrassenzeit. Wenn die Sonne scheint, verlegen viele Menschen einen Teil ihres Lebens nach draußen. Manches Treiben geht allerdings zu weit, wie Gerichtsurteile dokumentieren.

Berlin. Welche Freizeitaktivitäten im Freien erlaubt sind und welche nicht, zeigt eine Sammlung von Gerichtsurteilen, die von der Bausparkasse LBS zusammengetragen wurde.
Manche Menschen haben eine gewisse Neigung, sich über ihr eigenes Refugium hinaus auszubreiten - also einen Platz zu beanspruchen, der ihnen eigentlich nicht zusteht. So hatte eine Familie im Rheinland entlang eines Durchfahrtsweges mehrere Blumentöpfe, einen Tisch und Stühle aufgestellt, obwohl ihnen kein Garten mitvermietet worden war. Die Betroffenen verfügten zwar über eine Terrasse, aber das reichte ihnen offensichtlich nicht. Das Amtsgericht Köln (Az.: 10 S 9/11) betrachtete die "Belagerung" des Weges mit Mobiliar als "einen vertragswidrigen Gebrauch" der Mietsache und untersagte für die Zukunft derartige Aktionen. Die bereits herumstehenden Gegenstände mussten entfernt werden.
Selbst unter Fachleuten wird diskutiert, wie stark man Bäume zurückschneiden sollte, damit sie besser austreiben. Eine derartige Streitfrage beschäftigte eines Tages auch eine Gemeinschaft von Wohnungseigentümern. Es ging um das Beschneiden von Esskastanien, Eschen und Nussbäumen. Die Mehrheit hatte ein radikales Vorgehen beschlossen, wogegen sich ein Mitglied zur Wehr setzte. Seine Begründung: Das vorgesehene Zurechtstutzen sei völlig übertrieben und verstoße sogar gegen die Baumschutzsatzung. Das Amtsgericht Düsseldorf (Az.: 290a C 6777/08) sah es ebenso und erklärte den Beschluss der Mehrheit für ungültig. Es gehe beim Beschneiden schließlich darum, einem Baum "eine möglichst natürliche und artgerechte Entwicklung seiner Krone zu ermöglichen".
Schuppen verbaut Aussicht


Auch die Kosten für die Pflege von Bäumen, Sträuchern und Blumenrabatten liefern immer wieder Anlass zum Streit. Längst nicht alle Ausgaben kann der Eigentümer auf die Mieter umlegen. Ein Grundstücksbesitzer forderte von seinem Mieter, für das Fällen eines vom Sturm geschädigten Baumes aufzukommen. Das Landgericht Krefeld (Az.: 2 S 56/09) lehnte das ab. Es habe sich hier um "ein singulär schweres Ereignis" gehandelt, nämlich einen Jahrhundertsturm. Deswegen komme eine finanzielle Beteiligung des Mieters an den Fällkosten nicht in Frage.
Etwas kompliziert ist die rechtliche Lage, wenn ein Grundstücksbesitzer den Mietern die bisher gestattete oder zumindest geduldete Nutzung eines Gartens plötzlich verbieten will. Das war in Berlin der Fall, wo letztlich das Amtsgericht Pankow-Weißensee (Az.: 9 C 359/06) entscheiden musste.
Die Justiz ging von einem vertraglichen Recht der Mieter aus, denn bereits das Vorhandensein solcher Anlagen sei ein Hinweis auf die Erlaubnis zur Benutzung. Eine wirksame Kündigung liege nicht vor. Es dränge sich hier der konkrete Verdacht auf, so hieß es im Urteil, dass neu zuziehende, besser zahlende Mieter den Garten für sich erhalten und die Alteingesessenen nur noch von ihren Fenstern aus zuschauen sollten.
Manchmal liegen Nachbarn so heftig im Streit miteinander, dass sie sich nach Kräften schikanieren. Diesen Eindruck hatte ein Grundstücksbesitzer, als sein Nachbar einen großen Holzschuppen unmittelbar an sein eigenes Anwesen angrenzend aufstellen ließ. Das Gebäude raubte dem Betroffenen die freie Sicht auf Wiesen und Wälder. Die gesetzlich vorgeschriebenen Abstandsflächen waren allerdings eingehalten worden. Trotzdem sprach sich der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (Az.: 8 S 98/08) gegen den Schuppen aus.
Dem Nachbarn hätten angesichts seines eigenen großen Grundstücks viele Möglichkeiten offen gestanden, das Gebäude anderweitig aufzustellen. Die konkrete Platzierung müsse man als einen Verstoß gegen das Gebot der nachbarlichen Rücksichtnahme betrachten.
Mehrere Deutsche Doggen sorgten auf einem Grundstück in einer rheinland-pfälzischen Gemeinde für Unruhe. Sie hatten sich aus dem Zwinger befreien können und liefen frei herum. Nachbarn alarmierten die Polizei, weil sich die Hunde mit den Vorderpfoten auf eine Begrenzungsmauer aufstützten und man befürchten musste, dass sie bald Reißaus nehmen würden. Die Polizeibeamten riefen nach ihrem Eintreffen die Tochter des Hundebesitzers, um die Tiere wieder in den Zwinger zurück zu bringen.
Der Doggenzüchter erhielt anschließend eine Rechnung in Höhe von 141,25 Euro für den Polizeieinsatz. Das Verwaltungsgericht Neustadt (Az.: 5 K 256/11.NW) entschied auf seine Beschwerde hin, dass er tatsächlich bezahlen müsse. Es hätten hier genügend Verdachtsmomente für ein Einschreiten de r Beamten vorgelegen, etwa ein aggressives Verhalten der Hunde. sz

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