Neuer Streit, nächster Rauswurf - Volkshochschule Speicher kommt nicht zur Ruhe

Speicher · Gibt es einen weiteren Kündigungsskandal an der Volkshochschule Speicher? Die kommissarisch eingesetzte Geschäftsführerin soll eine Kursleiterin vor die Tür gesetzt haben. Grund dafür sind offenbar Probleme im zwischenmenschlichen Bereich - und bei der Bezahlung.

Sie ist den Tränen nahe: Elf Jahre wäre eine Frau, die namentlich nicht genannt werden möchte, diesen Herbst an der Volkshochschule (VHS) Speicher. Dort gibt sie Turnkurse für insgesamt knapp 30 Mütter und deren Kinder. Die Menschen kämen gerne zu ihr, und nie habe sie irgendwelche Probleme gehabt.
Doch alles ist anders, seit nach der Entlassung der langjährigen VHS-Chefin (siehe Extra) im vergangenen Herbst eine Verwaltungsangestellte zur kommissarischen Leiterin bestellt wurde. Zwischen ihr und der Kursleiterin soll es Probleme im zwischenmenschlichen Bereich gegeben haben, so dass es jetzt offenbar zum Zerwürfnis kam. Die VHS-Leiterin habe ihr "fristlos gekündigt", sagt sie. Erst am Telefon, dann schriftlich. Die Leiterin habe als Grund angegeben, dass eine Vertrauensbasis nicht mehr vorhanden sei. Die Kursleiterin versteht das nicht: "Ich habe nichts getan", sagt sie. Nach all den Jahren tue ihr das "sehr weh". Differenzen, erzählt die Frau, habe es immer wieder im Umgang miteinander gegeben: bei Kursankündigungen und Anmeldungen. Sie habe auch einen neuen Kurs geplant - und obwohl schon Anmeldungen dafür vorgelegen hätten, soll die VHS-Leiterin das Projekt im Keim erstickt haben. Zuletzt soll es dann Ärger wegen des Honorars gegeben haben. Ein Kurs, erzählt sie, gehe über zehn Wochen, das Gehalt dafür werde in der Regel am Ende dieser Zeit ausbezahlt - doch sie habe immer wieder nachfragen müssen, wo das Geld bleibe. So sei ihr auch die Vergütung vom Januar viel zu spät, erst Ende März, ausbezahlt worden. "Jeder Mensch, der arbeiten geht, möchte doch sein Gehalt haben", sagt die Kursleiterin. "Das ist ja nicht viel, was man kriegt. Aber es ist ärgerlich, wenn man immer wieder nachfragen muss."
Ihr letzter Kurs laufe nun im Mai aus. "Und dann hängen meine Frauen in der Luft", sagt sie. Viele hätten ihr auch schon gesagt: Wenn sie gehe, gingen sie mit. Oder kommt es vielleicht gar nicht so weit? Alfred Marder, Geschäftsführer der Kreis-VHS, an die die VHS Speicher angegliedert ist, sagt: "Das ist alles noch nicht endgültig." Die Probleme zwischen den beiden Frauen sollen in einem Gespräch geklärt werden. Es handele sich hierbei auch um einen Einzelfall.
Allerdings sollen bereits alle Kursteilnehmer von der VHS einen Brief bekommen haben, in dem mitgeteilt wurde, dass die Zusammenarbeit künftig nicht mehr bestehe. Das bestätigt auch Bernadette Marx aus Speicher, die mit ihrer fünfjährigen Tochter den Turnkurs besucht. Darin habe es geheißen, dass eine "vertrauensvolle Zusammenarbeit" nicht mehr möglich sei. "Das hörte sich an, als hätte sie sich etwas zu Schulden lassen kommen", erzählt Bernadette Marx. "Ich habe mich furchtbar darüber aufgeregt. Wir waren alle überrumpelt und geschockt. Das kann sich keiner erklären."
Sie wisse von mehreren Müttern, die bei der VHS nachgefragt, aber keine Antwort bekommen hätten. "Seltsam ist auch: Die nächste Kursleiterin steht schon auf der Matte." Ein Ersatz soll innerhalb weniger Tage gefunden worden sein.
Die kommissarisch eingesetzte VHS-Leiterin will sich zu den Vorwürfen nicht äußern. Stattdessen verweist sie auf das vermittelnde Gespräch am Donnerstag, 7. Mai.Meinung

Wenn zwei streiten, schadet es allen
Der Job ist nicht einfach - und sicher hatte sich bereits einiges an Aufgaben angehäuft, als die Verwaltungsangestellte im vergangenen Jahr kommissarisch eingesprungen ist. Unter so viel Arbeitsdruck bleiben Reibereien nicht aus, fair sollte es dennoch zugehen. Da die VHS Speicher zuletzt immer wieder Gesprächsthema in der Öffentlichkeit war, sollte doch gerade dort Wert auf Kommunikation und Transparenz gelegt werden. Gut also, dass man sich nochmal zusammensetzt. Auch wenn die Chemie nicht stimmt: Es geht hier nicht nur um zwei. e.blaedel@volksfreund.deExtra

Erst vor kurzem hat das Arbeitsgericht Trier entschieden, dass Ex-Bürgermeister Rudolf Becker die Leiterin der VHS Speicher nicht hätte entlassen dürfen. Er hatte ihr kurz vor Ablauf seiner Amtszeit fristlos gekündigt. Grund war offenbar, dass sie mit der Polizei über Geschehnisse im Rathaus gesprochen hatte, nachdem Untreue-Vorwürfe gegen Becker bekannt wurden. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen Becker dauern noch an. Damit die Arbeit in der VHS weitergehen konnte, wurde eine kommissarische Leiterin bestellt. Sie unterstützt die Kreis-VHS, zu der Speicher und acht weitere Einrichtungen gehören. Bis 2012 wurde noch davon ausgegangen, dass es sich dabei um selbstständige Einrichtungen handelte. Eine Prüfung ergab aber, dass sie unselbstständige Untergliederungen der Kreis-VHS sind. Daher hat die VHS Speicher keinen eigenen Vorstand mehr - die Aufgabe wird vom Vorstand der Kreis-VHS wahrgenommen. eib

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