So wenig Zeit am Morgen, so müde am Abend

Mit dem Beten ist das heutzutage so eine Sache. In der Kirche, da betet man ja noch so einigermaßen mit, aber zu Hause, privat und ganz für sich alleine - da wird es schon schwierig.



Vielleicht hat es mancher schon aufgegeben, am Morgen oder Abend ein Gebet zu sprechen. Man mag die alten, früher einmal gelernten Gebete nicht mehr. Man ist ihnen entwachsen. Und natürlich ist es auch mühsam, nach neuen Gebetsworten zu suchen.

Und dann - man hat so wenig Zeit am Morgen, oder man ist so müde und abgespannt am Abend.

Wer es dann doch wieder einmal gerne versuchen möchte - hier ein kleiner Tipp für den Neuanfang. Und ich verspreche Ihnen, das Gebet ist wirklich kurz; ja, es ist fast nichts!

Man sagt einfach zu Gott: "Segne", und dann nennt man die Namen von Menschen, mit denen man zusammenlebt.

"Gott, segne ..." - und dann steigen die Namen, das heißt die Menschen vor meinem inneren Blick auf: die Menschen, die ich liebe - und die ich nicht liebe; ich sage Gott ihre Namen, so wie sie mir gerade in den Sinn kommen. Ihre Gesichter tauchen vor mir auf. Und ich bitte Gott: Segne sie!

"Gott, segne ..." Und wir nennen die Namen der Menschen, die uns nahe sind, denen wir verbunden sind. Und vielleicht bringen wir sogar die Kraft auf, auch den Namen jenes Menschen zu nennen, mit dem wir uns zerstritten haben; der uns lästig und unsympathisch ist.

"Herr, segne ..." Und ich nenne den Namen des Menschen, dem ich etwas schulde, dem ich zur Last geworden bin, den ich zur Seite geschoben habe.

Und mit der Zeitung in der Hand kann ich das ebenfalls tun. "Gott, segne ..." Und ich ergänze die Namen der Menschen, die die heutige Zeitung mir nahegebracht hat. Menschliche Schicksale und Katastrophen, Todes -und Geburtsanzeigen, das politische Handgemenge, die Sorgen und Freuden der großen Welt.

Und zuletzt darf ich in diese kleine Litanei auch getrost mich selbst setzen: Herr, segne mich, heute!

Dazu alle guten Wünsche!

Thomas Weber

Pfarrer, Bitburg Liebfrauenno/yz

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