Rückzieher statt Rücktritt

Gerolstein · Herbert Lames, SPD-Fraktionsvorsitzender im Gerolsteiner Stadtrat, Bauausschussmitglied und Inhaber einer Baufirma, behält trotz Rücktrittsandrohung sein Mandat sowie die Posten im Bauausschuss und als Vorsitzender der Stadtratsfraktion. Unlängst hatte er im Streit um Auftragsvergaben bei der Sanierung des Alten Rathauses angekündigt, eventuell seine politischen Ämter niederzulegen und seine Firma in Gerolstein abzumelden.

 Die Kosten für den Umbau des Alten Rathauses sind deutlich gestiegen. Das sorgt für Ärger im Gerolsteiner Stadtrat. TV-Foto: Mario Hübner

Die Kosten für den Umbau des Alten Rathauses sind deutlich gestiegen. Das sorgt für Ärger im Gerolsteiner Stadtrat. TV-Foto: Mario Hübner

Gerolstein. Die erste Wut ist verraucht: Herbert Lames, SPD-Fraktionsvorsitzender im Gerolsteiner Stadtrat und Bauunternehmer, ist gerade erst von einem einwöchigen Urlaub im Süden zurückgekehrt - und sichtlich erholt. Mit etwas Abstand zur jüngsten Bauausschusssitzung, bei der er seinen Rückzug aus der Politik und den Wegzug seiner Baufirma aus Gerolstein-Roth angedroht hatte (der TV berichtete), sagt er: "Ich mache weiter, behalte für diese Wahlperiode mein Mandat und die politischen Ämter."
Und für die Kommunalwahl im kommenden Jahr will er sich auch wieder zur Verfügung stellen, weiß SPD-Ortsvereinsvorsitzender Uwe Schneider zu berichten. Er habe dieser Tage noch ein Gespräch mit Lames wegen dessen Auftritt in der jüngsten Bauausschusssitzung geführt. Schneider sagt: "Na ja, natürlich haben wir im Vorstand den Auftritt nicht so gut gefunden und halten ihn für unangemessen: Er war nicht gut für ihn (Lames), und er war auch nicht gut für die SPD. Aber es ist ja auch verständlich, dass er (Lames) sich wegen der Kostenexplosion beim Umbau des Alten Rathauses nicht den Schwarzen Peter zuschieben lassen will."
Bauunternehmer Lames selbst sagt dazu: "Gerade beim Umbau des Alten Rathauses war es so, dass wir viele Sachen erledigt haben, die wir nicht aufgeschrieben haben. Wenn wir dann aber noch in ein schlechtes Licht gestellt werden sollen, reicht es. Aber so ist das in Gerolstein: Da gilt der Prophet im eigenen Land nichts." Vor allem die Stadtspitze und die Bauabteilung im Rathaus bezichtigt er, seine Firma bewusst zu schneiden und durch Äußerungen zu diskreditieren. Diese weisen die Anschuldigungen aber zurück.
Auslöser sind die Vorwürfe im Zusammenhang mit der Kostenexplosion bei der Sanierung des Alten Rathauses, bei der Lames\' Firma mehrere Aufträge auf Stundenlohnbasis erledigt hatte, sowie der Umstand, dass er bei der Vergabe von Restaufträgen erst gar nicht mehr gefragt wurde.
Lames hatte daraufhin in besagter Bauausschusssitzung gesagt: "Wenn ich mich künftig aus allen Bauangelegenheiten raushalten soll, brauche ich nicht mehr im Ausschuss und im Stadtrat zu sitzen. Dann sollen das alles Lehrer und Beamte statt Fachleuten machen."
Auf die Frage, ob er die Drohung mit dem Umzug seiner Firma aufrechterhalte, sagte Lames: "Mal sehen, wie es hier weitergeht. Mein Steuerberater hat auf jeden Fall den Auftrag, das zu prüfen." Auf die Frage, wie er seinen Auftritt in der Bauausschusssitzung, die er nach seiner Wutrede unter Protest verlassen hatte, mit dem Abstand von vier Wochen werte, sagte Lames: "Ich nehme nichts zurück. Die brauchten mal einen Denkzettel."Meinung

 Herbert Lames.TV-Foto:Mario Hübner

Herbert Lames.TV-Foto:Mario Hübner

Umgefallen
Herbert Lames behält sein Stadtratsmandat, den Vorsitz der SPD-Fraktion und auch seinen Sitz im Bauausschuss. Das ist, nach seinem angedrohten Rückzug, alles andere als konsequent. Und mit diesem Vorwurf, dass er umgefallen ist, muss Lames fortan auch leben. Aber das weiß er. Die Gründe für den Rückzug vom angedrohten Rückzug liegen dennoch auf der Hand. Erstens ist Lames seit jeher ein emotionaler Typ. Und er hat schon öfter, wenn ihm etwas missfallen hat, nicht damit hinterm Berg gehalten, sondern Klartext geredet. Und das ist auch gut so. Zweitens hat ihn seine Partei, die im Gerolsteiner Land alles andere als auf Rosen gebettet ist und um jeden Mitstreiter kämpfen muss, bekniet weiterzumachen. Das dürfte als ausgemacht gelten. Denn für die Sozis (und auch alle anderen Parteien und Gruppierungen) dürfte es schon schwer genug werden, eine Liste für die Kommunalwahl 2014 überhaupt zusammenzubekommen. Von denjenigen, die bereit sind, eine besondere Verantwortung zu übernehmen, etwa als Fraktionssprecher, ganz zu schweigen. Daher ist die Parteiführung denn auch bereit, gerne mal zwei Augen nach einem solchen Ausrutscher zuzumachen. Wenn Lames aber politisch alles beim Alten lässt, sollte er das mit seiner Firma auch tun. m.huebner@volksfreund.de

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