Britta Steffens schwerer Weg zurück

Berlin (dpa) · Auf den ersten Blick hat sich Britta Steffen beim ersten Wettkampf nach ihrem WM-Desaster eher äußerlich verändert. Das überbreite Kreuz vom damals zu hoch dosierten Krafttraining ist schmaler geworden.

Nach wie vor lächelnd und aufgeschlossen steht die Doppel-Olympiasiegerin beim Kurzbahn-Weltcup in Berlin Rede und Antwort. Der aufmerksame Zuhörer und Beobachter jedoch kann abschätzen, wie schwer Steffen ihr Heim-Auftritt nach der für sie „schauderhaften WM“ fällt.

Es sind weniger die sportlichen Herausforderungen, die zu schaffen machen. Ihre Paradestrecken 50 und 100 Meter Freistil bestreitet die Doppel-Weltmeisterin von 2009 wie alle aus dem Training heraus. Die Form muss erst bei der Deutschen Meisterschaft Ende November und der EM Mitte Dezember stimmen. Abseits des Beckens tut sich die sensible und empathische Sportlerin hingegen noch schwerer als früher.

Steffen weiß, dass sie gerade nach ihrer vorzeitigen WM-Abreise besonders im Fokus steht. Wer immer auf die Idee kam, das nach längerem Hin und Her zwischen Deutschen Schwimm-Verband (DSV) und Steffens Management arrangierte Treffen mit der verbandseigenen Schwimm-Jugend als mediales Event zu inszenieren - einen Gefallen hat er ihr damit nicht getan. Im Scheinwerferlicht und vor gezückten Notizblöcken authentisch zu sein fällt schwer. „Es wäre schön gewesen, wenn das ganze privater gewesen wäre“, sagt Steffen im Rückblick über das Treffen, das von Leistungssportdirektor Lutz Buschkow wohlwollend als „Geste“, von anderen inoffiziell als Wiedergutmachung tituliert wurde.

60 Kinder und Jugendliche hatten sich am Beckenrand versammelt und harrten erwartungsfroh. Umringt von den Medienvertretern gab sie jedem DSV-Jugendlichen die Hand und hielt eine kurze Ansprache: „Ich finde es total nett, wie ihr uns anfeuert und immer wieder aufbaut. Macht weiter so.“ Sprechchöre der Jugend folgten, Steffen verteilte flankiert von ihrer Managerin Autogrammkarten und posierte für ein Gruppenfoto. Anschließend sprach sie über das Projekt, das sie von der Mitte kommenden Jahres an als Schirmherrin auch finanziell unterstützen will. „Vorher bin ich mit meiner Bachelorarbeit und Olympia voll ausgelastet.“ Konkretes konnte sie noch nicht sagen, es soll aber darum gehen, ihr Wissen weiterzureichen.

Das Treffen als reine PR-Aktion gegen ein ramponiertes Image abzutun, würde der Person Britta Steffen nicht gerecht werden. Auch in erfolgreicheren Tagen hatte sich die Wirtschaftsingenieurs- Studentin in einigen Hilfsprojekten vor allem im Nachwuchs engagiert. „Das hier hatte nicht unbedingt etwas mit der WM zu tun. Ich bin froh, dass das durchgestanden ist.“ Den Tiefpunkt ihrer Karriere will Steffen gern abhaken, doch sie weiß auch, dass das schwer ist. Die Kritik an ihrer Person nach ihrer vorzeitigen WM-Abreise hat sie verletzt, verunsichert, zusätzlichen Druck aufgebaut.

Steffen hat in ihrer erfolgreichen Karriere viel erlebt und einiges durchgestanden. Doch jetzt befindet sie sich vielleicht in ihrer schwierigsten Phase. Und sie weiß, dass sie besonders beobachtet wird. Jeder vermeintliche Fauxpas würde mehr als früher negativ registriert werden. Umso ärgerlicher kann Buschkow werden, wenn wegen einer Doping-Kontrolle der Silber-Platz Steffens bei einer Siegerehrung leerbleibt.

Dass sie sich anders als früher intensiver an gemeinsamen Trainingsmaßnahmen beteiligt, wird von Verbandsseite positiv registriert. Doch Noch-Bundestrainer Dirk Lange sagt auch mit Blick auf die Konkurrenz: „Britta muss sich ihr Renommee erst wieder erarbeiten.“

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