Gericht erlaubt Rauchen auf Balkon - trotz zorniger Nachbarn

Rathenow (dpa) · Raucher gegen Nichtraucher. Justitia hat ein neues Kapitel geschrieben - diesmal zugunsten der Raucher. Der erbitterte Streit zwischen Nachbarn hängt weiter in der Luft.

 Mieter dürfen trotz empfindlicher Nachbarn auf ihrem Balkon rauchen. Foto: Karl-Josef Hildenbrand

Mieter dürfen trotz empfindlicher Nachbarn auf ihrem Balkon rauchen. Foto: Karl-Josef Hildenbrand

Mieter dürfen trotz empfindlicher Nachbarn auf ihrem Balkon rauchen. Das hat das Amtsgericht Rathenow am Freitag (6. September) entschieden und die Klage von Nachbarn eines Raucher-Ehepaares abgewiesen. Die Kläger aus Premnitz in Brandenburg hatten sich am Zigarettenqualm von der Etage unter ihnen gestört und waren deswegen vor Gericht gezogen. Das Rentner-Paar wollte erreichen, dass die anderen Mieter nur noch zu bestimmten Zeiten im Freien rauchen dürfen. Dafür sah Richter Peter Lanowski keine Rechtsgrundlage.

Die Beeinträchtigung infolge des Rauchens der Nachbarn sei noch hinnehmbar, entschied Lanowski. Die Kläger kündigten Berufung an. Aus ihrer Sicht können sie ihren Balkon nur noch eingeschränkt nutzen wegen des Qualms der Nachbarn unter ihnen. Draußen einen Kaffee zu trinken oder eine Zeitung zu lesen sei quasi unmöglich, hatte das Paar argumentiert.

Die Kläger hatten dem Gericht ein Protokoll vorgelegt, das dokumentierte, wann die Nachbarn zur Zigarette griffen. Auch Fotos hatten sie eingereicht. Konkret wollten die Beiden ein Rauchverbot für die Zeiten zwischen 7 und 8 Uhr, 10 und 11 Uhr, 13 und 15 Uhr sowie zwischen 17 und 19 Uhr und zwischen 20 und 23 Uhr erreichen.

Dafür sah Richter Lanowski keine Veranlassung. Er stützte sich bei seinem Urteil auf die Angaben der beklagten Mieter. Danach rauchen sie abwechselnd bis zu zwölf Zigaretten täglich auf dem Balkon. Dies stelle keine übermäßige Belästigung dar, meinte der Richter.

Der brandenburgische Fall erregte besonderes Interesse nach einem Raucher-Urteil aus Nordrhein-Westfalen. Das Amtsgericht Düsseldorf hatte die fristlose Kündigung eines 75-Jährigen wegen Zigarettenrauchs bestätigt. Der Mann will das Urteil nicht akzeptieren.

Wer im Mietshaus stark raucht, kann Ärger bekommen- bis hin zur Kündigung. Einige Fälle:

Juli 2013: Die fristlose Kündigung eines Rauchers kann rechtens sein, wenn der Qualm die Nachbarn stark belästigt. Das entscheidet das Amtsgericht Düsseldorf. Sei die Gesundheit anderer Mieter in Gefahr, müsse der Vermieter dies nicht hinnehmen - obwohl ein Mieter in seiner Wohnung im Prinzip rauchen darf. Das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit habe aber Vorrang. Der betroffene 75-Jährige legte Berufung ein, die Verhandlung ist für Dezember geplant.

Oktober 1998: Die Nichtraucher-Initiative Deutschland weist auf zwei Urteile aus Stuttgart hin: Wer sich in einer Mietwohnung vom Qualm des Nachbarn belästigt fühlt, kann die Miete mindern oder fristlos kündigen - sofern der Mangel nicht behoben werden kann. Das Amtsgericht Stuttgart gestand einer Familie eine Mietminderung um 20 Prozent zu, erkannte aber keinen Grund für eine Kündigung vonseiten der Mieter. Im Berufungsverfahren entschied das Landgericht hingegen, eine Kündigung sei rechtens.

Juli 1992: Das Landgericht Stuttgart gibt einer rauchenden Mieterin Recht, die sich gegen die Kündigung der Wohnung gewehrt hat. Grund: Rauchen in der Wohnung ist erlaubt, wenn der Mietvertrag es nicht verbietet. Die Frau hatte dem Vermieter zwar gesagt, sie habe mit dem Rauchen aufgehört. Dennoch griff sie ab und zu zur Zigarette. Der Vermieter hätte das Rauchen vertraglich verbieten müssen. Die Mieterin habe nicht arglistig getäuscht, meinten die Richter.

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