Strategien von gestern gegen Konflikte von heute

Jemen, Somalia, Eritrea. Hier tut sich offenbar ein neues Refugium für das Terror-Netzwerk al Kaida auf. Derweil konkurrieren die 16 (!) US-Geheimdienste miteinander und am Problem vorbei.

Und hierzulande reden wir über Nacktscanner an Flughäfen. Die hitzige Debatte über Schamgrenzen und Persönlichkeitsrechte angesichts Fanatismus und Verbrechen im Gewand der Religion offenbart die ganze Hilflosigkeit der westlichen Gesellschaft im Umgang mit dieser globalen Bedrohung. Einer Bedrohung, die so neu ja nicht ist, aber immer dann, wenn mal wieder beinahe oder tatsächlich etwas passiert ist, zu lächerlichem Aktionismus führt.

Es ist die ewig gleiche Prozedur: große Aufgeregtheit und vorübergehend schärfere Kontrollen, die allmählich wieder erlahmen, bis uns neue Anschläge aufschrecken.

Gegen Vorsichtsmaßnahmen ist ja gar nichts einzuwenden, aber wir sind uns doch auch darüber im Klaren, dass es die absolute Sicherheit nicht gibt. Die kann uns auch neueste Technik nicht verschaffen, allenfalls vorgaukeln.

Die internationale Politik hat nicht einmal ansatzweise eine Antwort auf islamistische Gewalt gefunden. Als die Ratsvorsitzende der evangelischen Kirche Deutschlands, Margot Käßmann, zum Jahreswechsel dazu aufforderte, mehr Fantasie für den Frieden zu entwickeln, und - flankiert von ihrem katholischen Bischofskollegen Walter Mixa - die Frage stellte, ob der Einsatz deutscher Soldaten in Afghanistan noch gerechtfertigt sei, handelte sie sich prompt scharfe Kritik von CDU und SPD ein. Dabei hatten beide doch nur ausgesprochen, was viele Menschen schon lange denken. Mit Krieg und militärischen Strategien von gestern lassen sich heutige Konflikte nicht mehr lösen. Denn der Terror und seine Prot agonisten sind skrupellos, unberechenbar, unkonventionell und den schwerfälligen Staatsapparaten leider viel zu häufig um einige Schritte voraus.

Dass der Ton sich mittlerweile ändert und Außenminister Guido Westerwelle Käßmanns Appell aufgreift, dass sich Verteidigungsminister zu Guttenberg für ein Gespräch mit gemäßigten Taliban einsetzt, dass Europa und die USA nachdenklicher werden, dies alles mag auf ein allmähliches Umschwenken in der Afghanistan-Politik hinweisen. Dennoch wird der Hindukusch noch lange ein ungelöstes Problem mit weltweiten Auswirkungen bleiben. Derweil wird im Jemen und den angrenzenden Staaten längst neuer Terror gezüchtet. Ob die USA (und mit ihr ihre Verbündeten?) auch hier aktiv militärisch eingreifen, ist trotz aller Dementis völlig offen.

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