Außenministerin Annalena Baerbock erneut in der Ukraine Holger Möhle Baerbock

Kiew · Außenministerin Annalena Baerbock setzt auf die Mittel der Diplomatie, um einen drohenden Krieg zwischen Russland und der Ukraine abzuwenden. Deutschland stehe als Partner an der Seite der Ukraine, will aber eines nicht: Waffen liefern

Außenministerin Annalena Baerbock besucht mit ihrem Amtskollegen Dmytro Kuleba die Holodomor-Gedenkstätte, die an 3,5 Millionen ukrainische Hunger-Opfer von 1932/33 erinnert. 

Außenministerin Annalena Baerbock besucht mit ihrem Amtskollegen Dmytro Kuleba die Holodomor-Gedenkstätte, die an 3,5 Millionen ukrainische Hunger-Opfer von 1932/33 erinnert. 

Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Die Krise drängt. Es geht um Krieg oder Frieden. Mitten in Europa. Annalena Baerbock ist wieder in den Flieger gestiegen. Binnen drei Wochen ist die deutsche Außenministerin am Montag zum zweiten Mal in Kiew eingetroffen. Nur geht es dieses Mal nicht noch weiter nach Russland wie nach dem ersten Besuch in Kiew. Die Ukraine ist von russischen Truppen umstellt. Offiziell nur ein Manöver der Russen. Aber weiß, was daraus werden kann. Am Abend zuvor hat der Botschafter der Ukraine in Berlin, Andrij Melnyk, noch einmal eindringlich um Waffenhilfe aus Deutschland gebeten. Die Bundesregierung werde ja kaum Soldaten schicken. „Wir brauchen modernste Waffen. Deutschland kann das liefern. Deutschland ist fähig, das zu tun. Und das zu verweigern heute, das bedeutet für uns, die Ukraine im Stich zu lassen“, legte Melnyk der deutschen Außenministerin schon mal eine klare Erwartung ins Reisegepäck.

Dem Auswärtigen Amt liegt inzwischen ein Wunschzettel der Regierung in Kiew nach Waffenunterstützung vor. Darin sind unter anderem Luft- und Raketenabwehrsysteme, elektronische Ortungssysteme, Anti-Drohnen-Gewehre, aber auch Nachtsichtgeräte und Überwachungskameras gelistet. Die Bundesregierung erklärte sich bislang lediglich bereit, 5000 Militärhelme an die Ukraine zu liefern. Selbst für die Ausfuhr von neun überalterten Haubitzen will sie bislang kein grünes Licht geben. 

Baerbock weiß, was auf dem Spiel steht. Sie setzt auf die Möglichkeiten der Diplomatie und hofft auch im sogenannten Normandie-Format (Frankreich, Deutschland, Russland, Ukraine) eine Lösung zu finden. „Es geht um nicht weniger als den Frieden in Europa. Hierfür mit aller Kraft und in aller Entschiedenheit zu kämpfen, muss uns jede Anstrengung wert sein“, erklärte die Grünen-Politikerin vor ihrem Abflug nach Kiew. Sie machte noch einmal deutlich, dass Deutschland „als Partner der Ukraine in EU, Nato und G7 ohne Wenn und Aber zur territorialen Integrität des Landes und an der Seite der Menschen in der Ukraine stehen“ werde. Eine russische Aggression gegen die Ukraine würde „mit harten, sehr konkreten Maßnahmen“, betonte Baerbock, ohne diese Sanktionen näher zu benennen.

Die deutsche Außenministerin will sich bei ihrer Reise in die Ukraine erstmals auch ein Bild von der Frontlinie im Osten des Landes machen und mit Bewohnern der umkämpften Zone sprechen, um aus erster Hand Informationen über die Lage zu erhalten. Am Dienstag reist Baerbock dazu in die Konfliktregion Donbass, wo sich ukrainische Regierungstruppen und von Russland unterstützte Separatisten seit Jahren gegenüberstehen. Weder die Ukraine noch Russland haben dazu bisher Verabredungen aus dem Minsker Friedensabkommen von 2015 erfüllt und etwa schwere Waffen aus der Region abgezogen. Es gab Dutzende Anläufe für einen Waffenstillstand, die alle eines nicht gebracht haben: anhaltenden Waffenstillstand.

In Kiew selbst kam es dann am Montag für Baerbock erst einmal nicht zum Treffen mit Präsident Wolodymyr Selenskij. Terminschwierigkeiten. Stattdessen dann eben ein Gespräch mit Ministerpräsident Denis Schmyhal. Am Abend wollte Baerbock dann ein Militärhospital besuchen, das von Deutschland finanziert wird. Sie ist da noch nicht an der Frontlinie. Aber die Geschichten von der Front reichen hier in viele Krankenzimmer.

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