Politiker Neue Justizministerin Barley: Die Universalwaffe der SPD bleibt am Kabinettstisch

Trier/Berlin · Die 49-jährige Schweicher Juristin Katarina Barley wird in der neuen Bundesregierung Justizministerin und leitet damit ihr drittes Bundesministerium in nur neun Monaten.

 Erst Familien-, dann zusätzlich Arbeits- und demnächst Justizministerin: Die SPD-Politikerin Katarina Barley hat in Berlin Karriere gemacht.

Erst Familien-, dann zusätzlich Arbeits- und demnächst Justizministerin: Die SPD-Politikerin Katarina Barley hat in Berlin Karriere gemacht.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Der Internationale Frauentag ist für die Schweicher Bundestagsabgeordnete Katarina Barley Großkampftag. Die 49-jährige SPD-Politikerin hechtet an diesem Donnerstag von Termin zu Termin. Zwischendurch wollen auch die sozialen Medien noch bedient werden. Katarina Barley erledigt das routiniert, spricht bei Facebook über das Rückkehrrecht von Teilzeit in Vollzeit, über gebührenfreie Kitas und den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung, bevor sie zum Empfang in der Französischen Botschaft aufbricht. Auch hier redet die geschäftsführende Frauenministerin natürlich zum Thema des Tages.

Zu diesem Zeitpunkt weiß Katarina Barley natürlich schon, dass es einer ihrer letzten Auftritte als Frauenministerin gewesen sein wird. Den erst im Juni vergangenen Jahres über Nacht von Manuela Schwesig übernommenen Job ist die Ministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend schon bald wieder los. Ihre Nachfolgerin soll in der kommenden Woche die Bürgermeisterin des Berliner Problembezirks Neukölln, Franziska Giffey, werden.

Doch auch Katarina Barley, die sich vor drei Wochen in der Eifel noch – halb scherzhaft, halb im Ernst – als „Universalwaffe der SPD“ bezeichnet und sich mit dieser Aussage bundesweit in die Schlagzeilen katapultiert hat, bleibt am Kabinettstisch. Die promovierte Juristin übernimmt vom designierten Außenminister Heiko Maas das Justizministerium.

Der neue Job dürfte Barley gefallen, auch wenn er längst nicht mehr so öffentlichkeitswirksam ist wie die bisherigen Ämter als Familienministerin und Generalsekretärin. Die 49-Jährige ist mit Leib und Seele Juristin. Auf zwei Stationen ist die Schweicherin dabei besonders stolz: auf ihre Zeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Bundesverfassungsrichterin Renate Jaeger und ihre Promotion über das Kommunalwahlrecht für Unionsbürger. „Ehrlich recherchiert und ganz alleine geschrieben“, wie Barley angesichts der Diskussionen über diverse Plagiatsaffären immer wieder gerne betont.

Bis zuletzt war die gebürtige Kölnerin auch als mögliche Nachfolgerin von Außenminister Sigmar Gabriel gehandelt worden. Auch als Arbeitsministerin – das Ressort führte Barley ja seit Ende September geschäftsführend mit – war die 49-Jährige im Gespräch. Das zeigt, dass der Schweicher SPD-Politikerin inzwischen so gut wie jeder Job zugetraut wird. Dabei ist sie gerade einmal die zweite Legislaturperiode im Bundestag.

Als Parlamentsneuling mit zweijähriger Erfahrung wurde Katarina Barley im Dezember 2015 zur SPD-Generalsekretärin gewählt. Der damalige SPD-Chef Sigmar Gabriel hatte sich für die Juristin entschieden und damit auch viele Parteifreunde überrascht. Im Berliner Politbetrieb zuckten damals nicht wenige mit den Schultern, weil ihnen der Name der promovierten Juristin zuvor noch nie untergekommen war. Dabei gehörte sie als Justiziarin der SPD-Bundestagsfraktion immerhin dem geschäftsführenden Fraktionsvorstand an.

Später als viele andere, mit 25 Jahren, war Barley der SPD beigetreten. „Die Ungerechtigkeit, dass in Deutschland nach wie vor die soziale Herkunft über den Erfolg im Leben entscheidet, dass Armut krank und Krankheit arm macht, dass die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter aufgeht“, nannte die Tochter einer deutschen Mutter und eines britischen Vaters rückblickend als Motive für den Parteieintritt.

Die Juristin übernahm in der SPD schnell Verantwortung, wurde auf Anhieb Vorstands- und Ortsbeiratsmitglied in einem Trierer Stadtteil. 2005 kandidierte Barley für das Amt des Trier-Saarburger Landrats, unterlag allerdings gegen den CDU-Bewerber Günther Schartz.

Mit ihrem Ergebnis von knapp 45 Prozent hatte die zuvor in der Region noch weitgehend unbekannte, aber äußerst strebsame Politikerin auf sich aufmerksam gemacht. Die damalige Trierer SPD-Vorsitzende Malu Dreyer wurde eine von Katarina Barleys Fürsprechern in der Partei. „Ohne Dreyer hätte ich auch nicht für den Bundestag kandidiert“, sagte Barley später.

Die Mutter zweier Söhne arbeitete zunächst als Vertreterin des Landes im luxemburgischen Haus der Großregion, war später als Richterin in Trier und Wittlich tätig, bevor sie 2008 ins rheinland-pfälzische Justizministerium wechselte. Da war in SPD-Kreisen längst klar, dass auch dieser Posten für die gebürtige Kölnerin nur eine Übergangsstelle sein würde.

Im September 2013 zog die mit ihrer Familie in Schweich bei Trier wohnende Politikerin für die SPD über die Landesliste in den Bundestag ein. Katarina Barley holte im Wahlkreis Trier fünf Prozentpunkte mehr Stimmen als die SPD, unterlag aber im Kampf um das Direktmandat klar dem CDU-Kontrahenten Bernhard Kaster. Auch im zweiten Anlauf kam sie im vergangenen September „nur“ über die Landesliste in den Bundestag.

„Ich will eine gute Abgeordnete für die Region sein und in der SPD-Fraktion gute Arbeit machen“, sagte sie zu Beginn ihrer bundespolitischen Karriere. Das klang nicht nach hochfliegenden Plänen. Doch Barley selbst machte auch keinen Hehl daraus, dass sie ambitioniert ist. „Wenn ich mir einen Traumjob aussuchen könnte, dann Bundespräsidentin“, sagte sie einmal in einem Gespräch mit unserer Zeitung.

Ganz so weit hat es die 49-Jährige auf der Berliner Bühne noch nicht gebracht. Und als SPD-Generalsekretärin musste Barley im vergangenen Jahr auch erfahren, wie hart das politische Geschäft mitunter sein kann. Nach drei verlorenen Landtagswahlen am Stück und sinkenden Umfragewerten nahm vor ihrem Wechsel ins Familienministerium die innerparteiliche Kritik an der zuvor erfolgsverwöhnten Katarina Barley zu, die als Generalsekretärin hauptverantwortlich war für den SPD-Bundestagswahlkampf. Dass der furios gestartete Schulz-Zug letztlich entgleiste, wurde auch Barley angelastet.

Anders als Martin Schulz hat Katarina Barley das innerparteiliche Tohuwabohu aber politisch überlebt – sogar ohne Blessuren. Wenn immer in den vergangenen Wochen über mögliche SPD-Kandidaten fürs neue Kabinett Merkel gesprochen wurde, fiel Katarina Barleys Name. Neben der designierten Parteivorsitzenden Andrea Nahles und ihrer Stellvertreterin Malu Dreyer gehört die Schweicherin damit endgültig zur Troika der einflussreichen rheinland-pfälzischen SPD-Politikerinnen. Zudem dürfte ihr ein Rekord auf bundespolitischer Bühne gelungen sein: Drei Ministerien in neun Monaten hat vor Katarina Barley wohl noch niemand geführt.

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