Politische Blamage

Die Gerüchte über ein Scheitern des Verbotsverfahrens gegen die NPD liegen schon lange in der Luft. Gestern verdichteten sie sich zur traurigen Gewissheit. Damit hat sich der demokratische Rechtsstaat bis auf die Knochen blamiert. Für parteipolitisch motivierte Schuldzuweisungen besteht jedoch kein Anlass. Denn die Tatsache, dass das Verfahren gleich von drei Verfassungsorganen initiiert wurde - Regierung, Bundestag und Bundesrat - ist Ausdruck des äußerst selten vorhandenen Gleichklangs gesellschaftlicher Interessen. Um so mehr hätte man erwarten können, dass die Anklageschrift auf solidem Fundament steht. Doch mittlerweile wissen wir, dass in den Führungsgremien der Rechtsaußenpartei beinah mehr Verfassungsschutzleute saßen als "normale" Mitglieder. Dass diese Art der Beweisfindung äußerst zweifelhaft ist, dürfte auch Nicht-Juristen eingängig sein. Den Karlsruher Richtern mag man zu Gute halten, dass sie sich nicht dem politischen Druck gebeugt haben, um das Debakel noch in letzter Minute abzuwenden. Andererseits drängt sich der Eindruck auf, dass die Roten Roben über die Beweisführung nicht eben unglücklich waren. Karlsruhe hat sich mit Parteiverboten schon immer schwer getan. Das letzte spektakuläre Urteil datiert aus dem Jahr 1956, als die KPD ihre Arbeit einstellen musste. Der jüngste Fall ist schon paradox: Ausgerechnet der zur Verteidigung des Rechtsstaates angetretene Verfassungsschutz stellt nun die weitere Existenz einer rechtsstaatlich fragwürdigen Partei sicher. Ein Eigentor schlimmster Güte. Denn die NPD erhält einen höchstrichterlichen Persilschein, der nicht zusteht. nachrichten.red@volksfreund.de

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