Ausländerstatistik Die bunte Obermosel stellt sich vor

Konz · Die Menschen rund um Konz kommen aus fast 100 Nationen. Besonders an der Grenze zu Luxemburg sind viele Länder vertreten. Ein Verein nutzt das für eine Veranstaltungsreihe.

Zwei Zugezogene und ein Ur-Nitteler, die sich verstehen: Christel Bingas, Dina Valerie und Hans-Josef Wietor auf dem Dorfplatz (von links). Valerie hält die Flagge ihres Heimatlandes Kalmückien in der Hand. 

Zwei Zugezogene und ein Ur-Nitteler, die sich verstehen: Christel Bingas, Dina Valerie und Hans-Josef Wietor auf dem Dorfplatz (von links). Valerie hält die Flagge ihres Heimatlandes Kalmückien in der Hand. 

Foto: TV/Christian Kremer

Hans-Josef Wietor, Christel Bingas und Dina Valerie treffen sich in der Sektscheune in Nittel. Während Bingas und Valerie zugezogen sind, ist Wietor ein waschechter Obermoselaner. Valerie hat Wurzeln im Ausland, inzwischen aber einen deutschen Pass, Wietor und Bingas sind gebürtig Deutsche. So wie die drei an dem Tisch sitzen, stehen sie  beispielhaft für die Zusammensetzung der Bevölkerung an der Obermosel. In Nittel hat zum Beispiel fast jeder Dritte keinen deutschen Pass. 45 Nationen sind in dem Dorf vertreten. Damit ist Nittel typisch für die Obermosel, denn auch die Bevölkerung in Wellen oder Temmels setzt sich ähnlich zusammen (siehe Info).

Die Dorfgemeinschaften sind vor allem wegen der Nähe zu Luxemburg sehr international. Luxemburger, Franzosen oder Polen stellen die größten Gruppen, aber auch Bürger aus exotischeren Staaten leben dort, arbeiten aber meistens in Luxemburg. Dort winken nicht nur gute Löhne, sondern auch ein Arbeitsmarkt mit großen international agierenden Unternehmen. Deshalb locken die Grenzorte Menschen aus aller Welt an.

Wie man diese Menschen im Dorf zusammenbringen und integrieren kann, zeigen Wietor und Bingas seit 2010 in Nittel. Am Freitag, 16. März, ist es wieder so weit: Die Geschichts- und Kulturfreunde laden dann ab 19 Uhr ins Gasthaus Müller-Holbach ein. Dort stellen Nitteler mit Wurzeln im Ausland ihre Heimatländer vor. Die Veranstaltung geht inzwischen in die neunte Runde. Laut Christel Bingas und Hans-Josef Wietor, beide im Vorstand der Geschichts- und Kulturfreunde Nittel, haben sich seit 2010 schon Menschen aus 18 unterschiedlichen Ländern präsentiert. Darunter waren Chinesen, Japaner, Nigerianer, Jordanier oder Marokkaner. Auch mehrere europäische Herkunftsländer waren dabei: zum Beispiel Schweden, Frankreich oder Finnland. Bis zu 100 Zuhörer seien zu den Veranstaltungen gekommen. 2017 habe der Verein sogar zusätzliche Stühle aufstellen müssen. Bingas Fazit: „Die Veranstaltung wird angenommen.“

Wietor, der von 2007 bis 2014 Ortsbürgermeister in Nittel war, sieht darin einen „Beitrag zur Integration in die Dorfgemeinschaft“. Er sagt: „Wir bieten den Leuten ein Podium, ihr Heimatland zu präsentieren.“ Einerseits könnten Neu-Nitteler ihre Heimat vorstellen, andererseits erführen die Alteingesessenen Dinge über Länder, die in keinem Reiseführer stehen. Nicht zuletzt lernten sich alle besser kennen. Das stärke die Dorfgemeinschaft.

Diesmal darf Dina Valerie ihre Heimat vorstellen. Sie hatte vor ihrer Einbürgerung im Januar 2017 einen russischen Pass und stammt aus Kalmückien. Das ist eine autonome Teilrepublik im Süden des europäischen Russlands am kaspischen Meer. Die Kalmücken stammen von Mongolen ab und sind das einzige buddhistisch geprägte Volk Europas. Dass Valerie nun in Nittel mit Wietor und Bingas zusammensitzt, verdankt sie ihrem Studium und ihrem Lebensgefährten, einem Belgier, der seit 2008 in Nittel lebt. Die 35-Jährige hatte während ihres Wirtschaftsstudiums in Russland einen deutschlandbegeisterten Professor. Er sei der Grund für ihr Zweitstudium (International Business Management) in Berlin gewesen, erzählt sie. Dann folgte ein Job bei einer Telekommunikationsfirma in Würzburg, die auch einen Standort in Luxemburg hat. Dort arbeitete auch ihr „Lieblingsmensch“, wie sie ihren Lebensgefährten nennt. Nun lebt sie mit ihm zusammen im Nitteler Neubaugebiet. Deutschland hat sie inzwischen so lieb gewonnen, dass sie ein Einbürgerungsverfahren hinter sich gebracht hat. Sich in Nittel zu integrieren, sei ihr aber nach den Stationen in Berlin und Würzburg zunächst nicht leicht gefallen. „Wenn man von der Großstadt ins Dorf kommt, fühlt sich das zuerst fremd an“, sagt die 35-Jährige. Das hat sich inzwischen komplett gewendet: Im Gespräch mit dem TV schwärmt sie von den Weinbergen, den Weinen und dem gemütlichen Lebensstil. Sie fühle sich wie zu Hause. Am meisten schätze sie aber die Nitteler: „Die Menschen sind sehr herzlich und freundlich“, sagt sie. Vielleicht liegt das auch an ihrer weltoffenen Art. Denn sie geht auf die Menschen zu und wartet nicht ab, bis andere zu ihr kommen. So ist Dina Valerie schon jetzt zum Vorstandsmitglied des Nitteler Heimat- und Verkehrsvereins geworden.

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