Demütig, bescheiden und brillant

2005 gewann Henri Sigfridsson die erste internationale Beethoven Competition Bonn, die bisher höchste Auszeichnung in seiner Wettbewerbskarriere. Ohne Wettbewerbsdruck offerierte der Finne in Echternach seine überragenden pianistischen Fähigkeiten.

Echternach. (gkl) Etwas merkwürdig war es schon, mit dem diesjährigen Start des Echternacher Festivals. Da gab es vor zwei Wochen das erste Konzert (der TV berichtete), aber jetzt, beim Klavierabend mit dem Pianisten Henri Sigfridsson, eröffnete Präsident Georges Santer die Festspiele. Bei welchem Konzert nun auch immer der wirkliche Startschuss gegeben wurde, Sigfridssons Klavierrezital in der ehemaligen Pfarrkirche St. Peter und Paul war ein fulminanter, fast perfekter Abend, dessen Qualitäten bestens für den Beginn einer neuen Saison geeignet waren. Für sein Programm hatte der Finne Kompositionen von Robert Schumann, Ludwig van Beethoven und Franz Schubert ausgewählt, denen eines gemeinsam war: es waren die letzten Klavierwerke der Meister. Im Programmheft wurden Schumanns "Geistervariationen", Beethovens Sonate c-Moll, Opus 111, und Schuberts Sonate B-Dur, D 960, als "die letzten Worte" bezeichnet, also bedeutsamer als die übrigen Werke.

Lyrisch-zart, aber auch kraftvoll



Mag man bei Schumann eher Zweifel an der Bedeutsamkeit der Variationen hegen, so ist der Stellenwert der beiden anderen Werke tatsächlich ein besonderer, erfordert ihre Interpretation einen reifen Künstler, der sich eingehend mit den Inhalten auseinander gesetzt hat. Sigfridsson brachte diese Voraussetzungen uneingeschränkt mit. Sein Gestus hatte etwas Bescheidenes, fast Demütiges, signalisierte: Es geht nicht um mich, es geht um die Musik. Dabei machte seine technische Brillanz staunen. Schon bald jedoch trat dieser Aspekt in den Hintergrund, gewannen die Aussagen der Musik die Oberhand. Da war alles vertreten, was man sich an Ausdrucksmitteln nur wünschen kann. Mächtige Klänge, bei denen man den Eindruck haben konnte, die letzten Worte Beethovens werden in Marmor gemeißelt. Auch bei Schubert ließ er es nicht an Kraft fehlen. Hier wie dort aber auch Lyrisches, Zartes, Introvertiertes.

Wenn diesem Abend das letzte Quäntchen zum Perfekten fehlte, lag dies nicht am Pianisten. Es ist unverständlich, warum das Festival die Kirche und nicht das Trifolion als Spielstätte wählte, wo man über einen klangvolleren Flügel und die für diese Musik bessere Akustik verfügt.

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