Philipp Lahm ist nur ein Name

Königreiche, Kanzlerschaften, Kabinette - über all das weht ein Hauch von Endlichkeit. Das gilt auch für Intendanzen.

Zum Beispiel die von Frank Hoffmann als Leiter der Ruhrfestspiele. 14 Jahre wird er 2018 an deren Spitze gestanden haben. Damit ist er als Luxemburger nicht nur der einzige Ausländer, der dieses renommierte Nachkriegsfestival führte, das unter dem Motto "Kunst für Kohle" 1946 ins Leben gerufen wurde, sondern auch, mit 14 Intendanzjahren, der langlebigste (knapp gefolgt von Hans-Günter Heyme mit 13 Jahren). Als Nachfolger des im Ruhrgebiet glücklos gebliebenen Frank Castorf hat er die Festspiele seit 2005 zu einem wirklichen Publikumsfestival gemacht und nicht nur nationale, sondern auch internationale Stars in den "Kohlenpott" geholt.
Auch in seinem vorletzten Leitungsjahr lässt Hoffmann sich nicht lumpen: Die Starregisseure Robert Wilson und Peter Sellars, deutsche Schauspielprominenz von Robert Stadlober bis Sebastian Koch - sie alle sind ab dem 1. Mai bis 18. Juni - in Ricoldinchuson (so hieß die Stadt jedenfalls noch im Jahr 1017) zu sehen. Als Motto hat sich Hoffmann"Kopfüber Weltunter" ausgesucht. Damit will er den Blick auf gesellschaftliche Umbrüche, Revolutionen, Terrorangst und das allgemeine Gefühl der verlorenen Gewissheiten richten. Schon die Eröffnungspremiere am 3. Mai könnte ein Knaller werden: US-Starregisseur Robert Wilson (75) inszeniert in einer Koproduktion mit dem Düsseldorfer Schauspielhaus das Schauermärchen "Der Sandmann" von E.T.A. Hoffmann (keine Verwandtschaft!) als bildgewaltiges Rockspektakel. Der Chef selber bringt das selten gespielte Drama "Rausch" von August Strindberg mit Wolfram Koch auf die Bühne. Und Peter Sellars reist mit dem Tanzstück "Flexn" an. Hier setzen sich 15 Tänzer aus Brooklyn mit sozialer Ungleichheit und Rassismus auseinander (Premiere 14. Juni). Es darf damit gerechnet werden, dass die eine oder andere Inszenierung demnächst auch im "Théâtre National du Luxembourg" zu sehen sein wird. Philipp Lahm kommt übrigens nicht nach Recklinghausen. Er bleibt in München, wo er auf der Bühne des Residenztheaters zu sehen sein wird. Hier gibt es sozusagen ein Heimspiel für den Mannschaftskapitän des FC Bayern München - allerdings nicht mit, sondern über ihn. Genaugenommen ist es auch kein Stück über ihn, sondern "über die scheinbare Konfliktlosigkeit des Fußballspielens", wie Intendant Martin Kusej bei der Vorstellung des neuen Spielplans erzählte. Also, Bayern-Fans, spart euch das Geld fürs Theaterticket. Denn, so Kusej weiter, ",Philipp Lahm‘ ist nur ein Name". no/dpa

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