Windkraft: Landrat wirbt um größeres Stück vom Kuchen

Wittlich · Bis Ende September wird sich zeigen, ob sich die Kommunen stärker in die Windenergienutzung engagieren. Gesucht werden dazu investitionswillige Kommunen und vor allem potenzielle Standorte für die geplanten rund 100 Rotoren.

Wittlich. Auf den ersten Blick wirkt es paradox: Die Kommunalaufsicht bei der Kreisverwaltung moniert bei der ein oder anderen Gemeinde die 150 Euro Zuschuss für den örtlichen Sportverein. Denn diese Zuwendung muss nicht sein, sagt die Aufsicht. Möchte dieselbe Gemeinde 150 000 Euro in ein Windrad investieren, ist das kein Problem. Das ist eine der Botschaften, die Landrat Greogor Eibes bei der Informationsveranstaltung mit rund 80 Kommunalpolitikern in Wittlich ausgibt.
Um verständlich zu machen, warum Eibes nachgerade froh ist, wenn sich die Kommunen durch ein Engagement in der Nutzung der Windkraft verschulden, hat er Experten mit zur Veranstaltung gebracht. Unter anderem Wirtschaftsprüfer Klemens Bellefontaine. Der erklärt aus fachlicher Sicht das, was Landrat Eibes so zusammenfasst "Wir wollen ein größeres Stück vom Kuchen haben." Dieser Kuchen heißt Windenergienutzung. Im Zuge der Energiewende sollen 100 zusätzliche Windräder im Kreis errichtet werden. Bisher verdienen die Private und Kommunen allein daran, dass sie das Land verpachten, auf dem die Anlagen errichtet werden. Mehrere Kommunen haben bereits mit den über Land ziehenden Windkraftbetreibern Vorverträge geschlossen. Bis zu 50 000 Euro pro Jahr und Windrad winken den Gemeinden. Eisenschmitt hat solch ein Abkommen mit einem Windkraftbetreiber. Ortschef Georg Fritzsche bezeichnet in einem Redebeitrag diese Form der Partizipation am Windkraftboom denn auch für den sichersten Weg, da er für die Gemeinde das geringste Risiko birgt.
Im Vergleich mit den übrigen Kosten macht die Pacht jedoch nur einen kleinen Teil der Summe aus, die sich mit den Rädern verdienen lässt, sagt hingegen Eibes. Kommunen und Kreisbewohner sollen nach deshalb nicht nur Standorte verpachten. Nein, auch in den Bau der Anlagen soll investiert werden. Es winken hohe Renditen. Und da kommen die Kredite der Gemeinden wieder ins Spiel. Die müssen aktuell rund zwei Prozent Zinsen fürs geliehene Geld zahlen. Im Gegenzug gibt es dafür Renditen von zehn Prozent und mehr. "Ich gehe nicht davon aus, dass die Kommunalaufsicht zu solch einem Geschäft ,Nein\' sagt", sagt Landrat Eibes.
Doch ehe sich möglichst viele Gemeinden aus dem Kreis an einer noch zu gründenden Energiegesellschaft Bernkastel-Wittlich beteiligen, müssen sich Gemeinden und Privatleute finden, die ein ganz neues Handelsgut in die Gesellschaft einbringen: potenzielle Windkraftstandorte. Bis 30. September können sich die Besitzer der Flächen melden.
Schenkt man den Worten des Landrats Glauben, so haben Gemeinden, die sich an der Energiegesellschaft beteiligen, übrigens auf mittelfristige Sicht hin keine Probleme mehr mit dem 150-Euro-Zuschuss an den Sportverein. Denn nach Ansicht von Greogor Eibes kann die Energiewende dafür sorgen, dass die Gemeindefinanzen saniert werden. Dann hat auch die Kommunalaufsicht nichts mehr zu meckern.
Eine weitere Informationsveranstaltung für Kommunalpolitiker findet am Montag, 11. Juni, ab 19 Uhr, in der Baldenauhalle in Morbach statt.
Meinung

Kein guter Deal
Die Energiewende weist Parallelen zur politischen Wende 1989 auf. Damals machten und heute machen findige Unternehmer viel Geld damit, dass sie als Erste am Markt sind. In der ehemaligen DDR waren es Gebrauchtautos und Satellitenschüsseln, in der Eifel und im Hunsrück sind es potenzielle Windkraftstandorte. Die Gemeinden, die sich mit einem Vorvertrag schon an einen Windkraftentwickler gebunden haben, haben keinen guten Deal gemacht. Wenn die Gründung einer kommunalen Einergesellschaft gelingt, sind sie zu früh den Verlockungen der Pachtzahlungen erlegen, weil die Gesellschaft höhere Gewinne für Gemeinden zur Folge haben wird. Sollte sich die Gemeinden nicht zu solch einer Gesellschaft aufraffen können, haben die vertraglich gebundenen Dörfer ebenfalls das Nachsehen. Denn geeignete Standorte für Windräder sind rar. Mit jedem errichteten Windrad wird die Zahl der dann noch möglichen Standorte geringer. Damit steigt deren Wert und somit die Summe, die als Pacht verlangt werden kann. Es ist wie einst in der DDR. Der erstbeste angebotene Gebrauchtwagen war nicht unbedingt auch der beste. h.jansen@volksfreund.de

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