Mit dem Bus am Dachfenster vorbei

Schweich-Issel · In Schweich-Issel anlegende Fahrgastschiffe sorgen für ein Bus-Chaos auf den engen Ortsstraßen. Auch der städtische Parkplatz vor der ICV-Halle wird beschädigt. Ein alternativer Großschiffanleger am Schweicher Moselufer scheitert bisher am Veto der Autobahnverwaltung - er läge zu nahe an der Autobahnbrücke.

Schweich-Issel. Die Tourismussaison hat begonnen, und in Schweich-Issel ist wieder Ärger angesagt. Die Anlegestelle am Isseler Moselufer lockt große Fahrgastschiffe zum Verweilen. Und den Flusskreuzfahrern folgen riesige Touristenbusse, die mit den Schiffsfahrgästen Landausflüge unternehmen. Bei ihren An- und Abfahrten zwängen sich die Buskolosse durch die enge Isseler Schulstraße in Richtung Ufer. Die Fahrzeuge sind fast so breit wie die Straße und so hoch wie viele der umstehenden Wohnhäuser.
Im unteren Abschnitt der Schulstraße ist Endstation. Wenn die Fahrgäste abgesetzt sind, führt der Weg im Rückwärtsgang zurück bis an den geschotterten städtischen Parkplatz vor der ICV-Halle. Den benutzen die Busfahrer als Wendeplatte, obwohl die unbefestigte Fläche nur für Autos zugelassen ist. Entsprechend mitgenommen sieht der Platz schon nach wenigen "Besuchen" der tonnenschweren Busse aus.
Zufällig ist der TV mit der Kamera bei der ersten Isseler "Bus invasion" in diesem Jahr dabei. Es sind drei weiße Riesen mit schweizerischen Kennzeichen, die für Furore sorgen. Die Anwohner sind aufgebracht, einige sorgen sich um ihre Vorgartenmäuerchen und gepflasterten Zufahrten. Die Stimmung wirkt gereizt und angespannt. Anwesend sind auch Stadtbürgermeister Otmar Rößler und Ortsvorsteher Kurt Heinz. Besonders ärgert sie, dass die schweren Fahrzeuge über den auf Stadtkosten hergerichteten Parkplatz pflügen.
"Wir dürfen hier rein, wir sind im Recht", schimpft einer der Fahrer. Im Recht? Da ist Verbandsgemeindesprecher Wolfgang Deutsch anderer Ansicht - zumindest, was den Parkplatz betrifft. Deutsch: "Der Platz ist nur für PKW zugelassen. Unser Ordnungsamt wird das nun im Auge behalten und wenn nötig Bußgelder verhängen.
Seit Jahren gehe das in jeder Reisesaison so, sagt Ortsvorsteher Heinz. Wie der Stadtbürgermeister und dessen Vorgänger führt er seither einen vergeblichen Kampf gegen die Windmühlen. Früher wären die Fahrgäste vorne in der Hauptstraße ein- und ausgestiegen. Aber seit dem verkehrsberuhigten Umbau der Straße sei auch dort für die Busse kein Platz mehr.
Heinz und Stadtbürgermeister Rößler hoffen auf den Großschiffsanleger, den die Reederei Viking Flusskreuzfahrten am Schweicher Ufer zwischen Schweicher Brücke und Autobahndreieck plant. "Im April hätte der da sein sollen, doch es tut sich nichts," sagt Rößler.
"Auch für die Reedereien und Reiseveranstalter ist die Situation in Issel unbefriedigend", erklärt Karl Herkel vom Wasser- und Schifffahrtsamt (WSA) Trier. Die Reederei Viking Flusskreuzfahrten wolle daher am Schweicher Ufer hinter der Föhrenbachmündung eine schwimmende Anlegebrücke (Steiger) für 130 Meter lange Kabinenschiffe installieren. Seitens der Stadt Schweich und der Schifffahrtsverwaltung sei der Weg frei. Es fehle jedoch noch eine Genehmigung des Autobahnamts Montabaur. Grund: Der hintere einbetonierte Befestigungspunkt für die Schiffe (Festmacher) würde unterhalb der A-1-Brücke im Bauverbotsstreifen entlang der Autobahn liegen (siehe Extra). Der Genehmigungsantrag liegt dem Amt in Montabaur schon seit Monaten vor. Ob eine Ausnahme von der Regel möglich sein könnte, ist offen. Mehrere Anfragen des TV beim Autobahnamt blieben bisher unbeantwortet.Meinung

Da kann man nur noch staunen
Wer in Deutschland ein Gebäude oder ein "gebäudeähnliches Objekt" plant, auf den lauern gesetzliche Fußangeln und Fallgruben. Sogar die Zustimmung zweier "Hoheitsträger" zu einem Projekt gibt keine Sicherheit, wie der jüngste Fall zeigt. Die Stadt Schweich und die Schifffahrtsverwaltung hatten den Großschiffsanleger am Moselufer längst abgenickt. Alles schien perfekt. Doch die Rechnung wurde ohne den Wirt, sprich die Autobahnverwaltung, gemacht. Die verweist auf die Bauverbotszone ihrer A-1-Brücke. Gerechnet wird ab Fahrbahnrand, auch wenn der in 30 Metern Höhe im luftigen Nichts endet. Und so bleiben den Isslern die Busse erhalten. Weil ein einbetonierter Klotz zum Anbinden von Schiffen dem Rand einer 30 Meter hohen Autobahnbrücke zu nahe kommen könnte. Da staunt der Fachmann, und der Laie wundert sich. f.knopp@volksfreund.deExtra

Nach dem Bundesfernstraßengesetz verlaufen außerhalb geschlossener Ortschaften entlang der Autobahnen und Bundesstraßen imaginäre "Tabuzonen", in denen grundsätzlich keinerlei Bauten errichtet werden dürfen. Bei den Autobahnen gilt das Bauverbot im Bereich von 40 Metern, gemessen ab dem Fahrbahnrand (Standstreifen), bei Bundes- und Landesstraßen gelten 20 Meter ab Fahrbahnrand, bei Kreisstraßen liegt die Bauverbotszone im 15-Meter-Bereich. Keine feste Regelung gibt es für Gemeindestraßen. Dort entscheidet die Gemeinde selbst (etwa über den Bebauungsplan), was entlang ihrer Straßen möglich ist oder nicht. Im Falle der A-1-Brücke bei Schweich spielt es keine Rolle, dass die Fahrbahn in rund 30 Metern Höhe über den betreffenden Uferabschnitt geführt wird. Das Bauverbot gilt auch entlang der Brücken. f.k.

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