Musette und karibisches Feuer

TRIER. Es lebe das Akkordeon! Mehrere hundert Gäste im Spiegelzelt der LGS konnten nicht anders, als dieser Liebeserklärung zuzustimmen. Sie kamen in den Genuss eines Konzerts von Lydie Auvray, deren Musik sämtliche Facetten eines Lebens zum Klingen bringt.

Das "Klavier der Armen" in den Händen von Lydie Auvray birgt ungeheuren Reichtum. Da ist der Ausdruck unbändiger Lebensfreude, ein Hauch von Melancholie, Fernweh, Sehnsucht und eine große Portion schelmischer Humor. Mit Fingern, die flink über die Knöpfe des Akkordeons tanzen, übersetzt die Künstlerin Bilder, die Eindrücke und Empfindungen bei ihr ausgelöst haben. Und plötzlich finden sich die Zuhörer zwischen Lavendelfeldern in der Provence, träumen von einem Spaziergang am Seine-Ufer in Paris, leiden mit Straßenkindern in Rio oder durchleben die Zeit ihrer ersten großen Liebe.Geschlossene Augen oder ein Gläschen Rotwein

Mancher lauscht mit geschlossenen Augen, andere genießen die gefühlvolle Vielfalt bei einem guten Schlückchen Rotwein. Einige würden am liebsten aufspringen, um zu tanzen. So, wie die Künstlerin, die mit ihrem Akkordeon in Samba- oder Tangoschritten über die Bühne wirbelt und dabei in ständigem Austausch mit den vier hervorragenden Musikern ihrer Begleitband "Les Auvrettes" steht. Sie, so sagt Auvray in einer ihrer französischen Charme versprühenden Moderationen, "sind Ratgeber auch im Leben und so..." Dass die Chemie untereinander stimmt, äußert sich vor allem in der mitreißenden Spielfreude, mit der die Band einen großen stilistischen Bogen von Chanson und französischem Musette-Walzer über Tango, orientalische Klänge bis zu karibischen Rhythmen spannt.Temperament lässt Funken sprühen

Die meisten Stücke stammen aus Auvrays Feder und verarbeiten Erfahrungen eines Lebens, das eine charismatische Persönlichkeit geformt hat. Die gebürtige Französin mit Wohnsitz in Köln und verwandtschaftlichen Beziehungen nach Martinique steht seit 27 Jahren auf der Bühne und versteht es meisterhaft, die Funken ihres Temperaments auf das Publikum überspringen zu lassen. Kaum jemand kann sich ihrer Wirkung entziehen, wenn die Lockenmähne in den Nacken fliegt, das Gesicht zum Spiegel von Gefühlen wird oder ein wippender Fuß die gesamte Palette weiblicher Koketterie offenbart. Und so nimmt es nicht Wunder, dass die begeisterten Besucher sich fast die Hände wund klatschen und ein Ende des inspirierenden Abends erst nach einigen Zugaben dulden.

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