"…vermache ich mein Capital für heilige Messen"

Ein Anziehungspunkt für Besucher von nah und fern - und ebenso beliebt bei den Bewohnern des Dorfes - ist die Kapelle in Leudersdorf. Ursprünglich stammt sie aus den ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts. Sie ersetzte einen Hof, in dem zuvor provisorisch Gottesdienste gefeiert wurden - vier Mal im Jahr.

 Über der alten, hölzernen und noch mit Nägeln beschlagenen Eingangstür der Kapelle steht der Erzengel Michael und wacht seit jeher über die Kirchgemeinde. TV-Foto: Felicitas Schulz

Über der alten, hölzernen und noch mit Nägeln beschlagenen Eingangstür der Kapelle steht der Erzengel Michael und wacht seit jeher über die Kirchgemeinde. TV-Foto: Felicitas Schulz

Leudersdorf (fs) Als am 13. Dezember 1734 der geschworene Landvermesser Heinrich Cantzler den Platz vermessen hatte, stand die Stelle zur Errichtung einer neuen Kapelle fest. Laut Aussage von Johann Rätz soll der vormalige Bau im Bereich des ehemaligen "Scholzenhofes" gestanden haben, wo viermal im Jahr der Gottesdienst gehalten werden musste.

Anmutig schmiegt sich der Bau in das heutige Ortsbild ein mit seinem charakteristischen achtseitigen Schieferturm. Die neue Kapelle hatte nachweislich einen Vorläufer. Von diesem stammt wahrscheinlich der Hochaltar.

Der schlichte Bruchsteinbau mit dreiseitigem Chorabschluss und den aus Buntsandstein behauenen Fenstereinfassungen verströmt Wertbeständigkeit. Ursprünglich aus mehreren Einzelgehöften bestehend, die vermutlich fränkischer Bauweise waren, entwickelte sich der Dorfkern erst im Laufe der Jahrhunderte durch den Zustrom mehrerer Familien.

Mit Schenkungen und reichen Einkünften durch Verpachtung eigener Ländereien verfügte die Kapelle über ein ansehnliches Kapital. So heißt es in einer "Ordinari" im Lagerbuch auf grobem Papier in Kanzleischrift geschrieben aus dem Jahr 1720, dass jährlich "40 Faß Hafer und 41 Faß und drei Maßen Speltz in Gegenwart der Schultheißen Ponzelett und Sendschöffe Schmitz" zu entrichten seien. Im Testament des Jakobus Ramers vom 19. Dezember 1743 ist vermerkt: " Vermache ich mein Capital zu Bewingen für heilige Messen in Leudersdorf von dem, was ich noch an Capitalien zu fordern habe."

Seit undenklichen Zeiten mussten an Ostermontag alle zur Pfarrgemeinde Üxheim gehörenden Kirchgänger die Messe und Predigt in der Leudersdorfer Kapelle besuchen. Um die Mäuse aus der Kapelle zu vertreiben, wurde im Jahre 1852 aus dem Kapellenvermögen von 1162 Talern dem Küster Michel Dockter 5 Silbergroschen und 2 Pfennig ausgezahlt, was nach heutiger Währung 25 Cent entspricht.

Dank dem Ortschronisten Alois Groß, der das Pfarrarchiv führt und die Schulchronik abschrieb, werden die Geschehnisse im Dorf auch weiterhin sorgfältig schriftlich festgehalten.

Mit dem Hahn auf Spendenzug



1954 stand wegen mehrfacher Blitzeinwirkung und Witterungseinflüsse die Erneuerung des Turmes an. Traditionell zogen die Handwerker zum Richtfest mit dem neuen Hahn vor der Anbringung auf dem Dach durch das Dorf und riefen: "Er zeigt nach Norden, Osten, Süden und Westen, und eine kleine Spende nicht vergesst".

In die sechs rund geschlossenen Seitenfenster sind die Namen der im Ersten Weltkrieg gefallenen und vermissten Dorfbewohner eingraviert. Im Jahre 1980 ließ die Zivilgemeinde Üxheim, der die Kapelle gehört, vom benachbarten Bürgerhaus eine Heizung einbauen.

Den Entwurf zum hölzernen Zelebrationsaltar aus dem Jahre 2003 fertigte Sebastian Müsseler an. Vierzehntäglich, jeweils Dienstags um 19 Uhr, werden Messen in der Kapelle abgehalten, die der heiligen Katharina geweiht ist. Die Messen sind stets gut besucht.

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