Wenn Söhne ihre Mütter verprügeln

Prügelnde Söhne, Treppenstürze und Bewusstlosigkeit: Die Beraterinnen der Integrationsstelle (IST) Eifel-Mosel haben sich seit ihrer Gründung im vergangenen mit mehr als 60 Fällen häuslicher Gewalt auseinandergesetzt.

 Tanja Johann (links) und Dorothea Kruft sind die Expertinnen, die die Interventionsstelle Eifel-Mosel leiten. Sie beraten Opfer von Gewalt in engen sozialen Beziehungen. TV-Foto: Gabi Vogelsberg

Tanja Johann (links) und Dorothea Kruft sind die Expertinnen, die die Interventionsstelle Eifel-Mosel leiten. Sie beraten Opfer von Gewalt in engen sozialen Beziehungen. TV-Foto: Gabi Vogelsberg

Daun/Bitburg/Wittlich/Cochem. Die Interventionsstelle (IST) Eifel-Mosel ist die achte ihrer Art in Rheinland-Pfalz und für ein riesiges Gebiet von vier Landkreisen in der Eifel und an der Mosel zuständig. Die zwei IST-Expertinnen Tanja Johann und Dorothea Kruft haben sich im dritten Quartal 2007 bei allen Polizeiinspektionen, Amtsgerichten und Beratungsstellen vorgestellt. Im vierten Quartal bekamen sie 36 Fälle häuslicher Gewalt von der Polizei gemeldet. Zehn Opfer riefen direkt an. Kruft: "Es hilft, dass man sich bei uns anonym melden kann." Mit dem neuen Gewaltschutzgesetz, das Anfang 2002 in Kraft trat, haben Polizisten raschere Eingriffsmöglichkeiten sowie Frauen besseren Schutz. Alles läuft unter dem Motto "Wer schlägt, muss gehen". Johann erklärt: "Bei vielen Gesprächen steht Krisen-Intervention an erster Stelle. Die Frauen wollen wissen, wie sie rauskommen können und wo sie Hilfe bekommen." Die IST-Expertinnen kennen das Gewaltschutzgesetz aus dem Effeff und sind regional in ein Netzwerk eingebunden. Sie geben viele Tipps. "Es reicht bei Prügel nicht aus, die Blessuren vom Arzt auf einem Zettel notieren zu lassen. Die Untersuchung und die Bescheinigung muss nach einem bestimmten Raster gemacht werden", erklärt Tanja Johann. Die Härte der körperlichen Gewalt scheint grenzenlos. "Das geht von Würgen bis zur Bewusstlosigkeit bis hin zum Stoß die Treppe hinunter mit einem Kind auf dem Arm", sagen die Beraterinnen. In jedem Polizei-Fax sei von körperlicher Gewalt die Rede. Bei einem der 46 Fälle war ein Mann das Opfer. Er wurde von seiner Partnerin mit einem Messer drangsaliert. Oft ist auch finanzielle Gewalt und soziale oder psychische Gewalt im Spiel. Dabei werden das Selbstwertgefühl der Frau herabgesetzt und der Kontakt zu Freunden sowie der Herkunftsfamilie verboten. Doch nicht immer ist der Partner der Täter: In zwei Fällen verprügelten Söhne ihre Mütter. Die Landesregierung hat den IST-Stellen einen Aufgabenkatalog und Hilfen an die Hand gegeben. "Oft hilft ein Sicherheitsplan, den wir gemeinsam erarbeiten. Es kann ja auch sein, dass die Frauen in der Beziehung bleiben wollen. Die besteht ja nicht nur aus Gewalt", sagt Tanja Johann. Allerdings spielten bei 43 Prozent der Fälle Alkohol und Drogen eine Rolle. Jeder siebte Fall begann nach Ende der Beziehung und geht mit Stalking-Methoden einher.Die IST Eifel-Moselist für die Landkreise Vulkaneifel, Bitburg-Prüm, Bernkastel-Wittlich und Cochem-Zell zuständig. Telefonische Sprechzeiten sind dienstags von 9 Uhr bis 12 Uhr sowie donnerstags von 14 Uhr bis 15 Uhr, Termine sind nach Vereinbarung möglich, Büro Caritas Daun, Tanja Johann, 06592-95730, E-Mail interventionsstelle@daun.caritas-westeifel.de und Büro Caritas Prüm, Dorothea Kruft, 06551-971090, E-Mail interventionsstelle@pruem.caritas-westeifel.deHintergrund Zahlen: Von den 46 Fällen häuslicher Gewalt im letzten Quartal 2007 wurden 36 von der Polizei und zehn direkt von den Opfern bei der IST gemeldet. Die Aufteilung je Landkreis (LK) sieht wie folgt aus: LK Vulkaneifel 9, davon drei aus dem Stadtgebiet Daun, LK Cochem 7, LK Bitburg-Prüm 15, davon drei aus dem Stadtgebiet Bitburg und vier aus Prüm, LK Bernkastel-Wittlich 15, davon vier aus dem Stadtgebiet Wittlich. Zehn der Opfer waren Migrantinnen, drei Ausländerinnen. Die meisten Opfer waren zwischen 22 und 30 Jahre sowie 41 bis 50 Jahre alt. In zwei Drittel der Fälle sind Kinder involviert. Bei 43 Prozent der Täter spielen Alkohol oder Drogen eine Rolle. In den ersten sechs Wochen 2008 wurden 17 Fälle bekannt. (vog)

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort