"Dann werde ich eben Mutter"

TRIER. Spätestens, wenn die Periode ausbleibt, sich ab und an Übelkeit einstellt oder andere Anzeichen darauf hindeuten, dass irgendetwas anders ist als sonst, müssen immer mehr minderjährige Mädchen feststellen, dass sie schwanger sind. Was dann? In Schwangerenkonflikt-Beratungsstellen finden Teenager professionelle Ansprechpartner und konkrete Hilfe.

"Ich hätte nie gedacht, dass mir das einmal passiert", erzählt die heute 18-jährige Viola Blankenforth. Sie war 17 Jahre alt, als sie mit der Gewissheit konfrontiert wurde: Ich bin schwanger! "Was wird jetzt aus meinem Leben?", war die erste Frage, die sich die Schülerin damals stellte, begleitet von Angstgefühlen und großer Unsicherheit. "Ich war von meinem damaligen Freund schon getrennt, als klar war, dass es passiert ist, obwohl ich die Pille genommen hatte", erzählt Viola. Immer mehr jungen Mädchen in Deutschland geht es so. "Der Mut zum ,Nein' fehlt"

"Die Zahl der ungeplanten Teenagerschwangerschaften steigt", berichtet Helga Kudjer-Lauer vom Sozialdienst Katholischer Frauen e.V. (SKF) in Trier. Die Gründe dafür seien nach wie vor mangelnde Aufklärung und in Folge dessen oft Fehler bei der Verhütung oder die Auffassung "Beim ersten Mal passiert doch nichts." Aber auch Perspektivlosigkeit und der Wunsch nach einer eigenen Familie - nach dem Motto "dann werde ich eben Mutter" - seien Ursachen. Und das, obwohl sich die Jugendlichen selbst oft in einer schwierigen schulischen oder familiären Situation befinden. "Die Mädchen sind aber auch immer noch nicht emanzipiert genug, und haben oft Angst ,Nein' zu sagen, wenn sie sich noch nicht dazu bereit fühlen", so Diplompädagogin Kudjer-Lauer. Unterbringung im Stift möglich

In der SKF-Beratungsstelle haben im vergangenen Jahr 25 minderjährige schwangere Mädchen Hilfe gesucht, bei der Schwangerenberatung von "Pro Familia" in Trier waren es 21. "Die Schwangeren sind nicht ortsgebunden, zu uns kommen auch Betroffene aus dem Kreis Trier-Saarburg, Daun oder Bitburg", sagt Leiterin Claudia Heltemes. Auch das Diakonische Werk in Trier ist eine Anlaufstelle für schwangere Teenager. "Die Mädchen kommen oft in Begleitung einer Freundin, weil sonst noch niemand davon weiß. Ihre erste Reaktion ist oft ein ,Nein', aber nach unserer anonymen, ergebnisoffenen Beratung denken die Jugendlichen dann oft anders darüber und sagen: ,Ich würde ja ganz gerne, aber ich weiß nicht wie.'" Schwangere Teenager werden in den Beratungsstellen nicht nur professionell über ihre Schwangerschaft oder einen möglichen Abbruch informiert, sondern bekommen bei Bedarf auch ganz konkrete, materielle Hilfe. Wer durch die Schwangerschaft unüberwindbare Probleme mit den Eltern bekommt und nicht mehr weiß wohin, hat die Möglichkeit, im Mutter-Kind-Wohnheim im St.-Anna-Stift bis zum Ende der Schulzeit unterzukommen. Vier Mädchen haben davon im vergangenen Jahr Gebrauch gemacht. Außerdem haben werdende Teenager-Mamis vor und nach der Geburt Anspruch auf die Hilfe und Beratung durch eine Hebamme. "Die meisten haben vor allem Angst vor der Geburt und wollen wissen, wie lange sie dauert", schildert die ehrenamtliche Hebamme beim SKF, Cindy Mundt, die häufigsten Fragen der jungen werdenden Mütter. "Ich habe Glück gehabt"

Neben der so genannten "Nachsorge" leitet Mundt auch einmal im Monat die Schwangerengruppe beim SKF. "Oft fühlen sich die jungen Mädchen in normalen Schwangerschaftsvorbereitungskursen nicht wohl, deshalb haben wir eine eigene Gruppe gegründet", so die Hebamme. Auch Viola Blankenforth hat sich beim Sozialdienst Katholischer Frauen e.V. beraten lassen und einmal in der Woche die so genannte MuKi-Gruppe (Mutter-Kind-Gruppe) besucht. "Das hat mir gut getan, weil sie mich dort verstanden haben", erinnert sich Viola, die mittlerweile eine Ausbildungsstelle zur Arzthelferin gefunden hat. "Ich habe Glück gehabt, und auch meine Eltern und der Vater von Joel würden ihn jetzt nie wieder hergeben. Aber bei vielen anderen ist es sicher schwieriger", befürchtet die 18-Jährige.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort