Nachwachsender Rohstoff als Mulchmaterial

Kenn · Von null auf 350, so viel Zentimeter schafft das Riesen-Chinaschilf in einer Wachstumsperiode. Klein gehäckselt, gehört das besser unter seinem botanischen Namen Miscanthus bekannte Gras ebenfalls zu den Senkrechtstartern. Als Energiepflanze heizt es umweltfreundlich und hilft beim ökologischen Bauen. Der TV erkundet, wie es sich im Garten einsetzen lässt.

Kenn. Um etwas über den nachwachsenden Rohstoff zu erfahren, der Rindenmulch den Rang ablaufen könnte, muss man ins Moseltal fahren. Franz-Josef Koch und Johann Hilsamer aus Kenn (Trier-Saarburg) sind Miscanthus-Anbauer der ersten Stunde. Gerade ist Koch dabei, sein Haus mit einem Gemisch aus Lehm und dem gehäckselten Schilfgras zu verputzen. In der Scheune der Ölmühle läuft die Hackschnitzel-Heizung. Auf dem Hof holt ein Hobbygärtner eine Anhängerladung Miscanthusmulch ab. Der kann im Garten vielfältig eingesetzt werden.
Als Abdeckmaterial: Zum Winter hin schützt Miscanthusmulch vor Frostschäden. Im Frühjahr erwärmt sich der Boden unter dem Mulch schneller. Man verteilt ihn um einzelne Stauden, frisch gepflanzte Sträucher und Bäume. Pflanzen, die draußen im Kübel überwintern, bekommen eine Dämmschicht um den Wurzelhals. Großflächig wird er wie Rindenmulch als Bodenabdeckung aufgebracht.
Auch gut gegen Unkraut


"Sechs Zentimeter reichen aus, um auch das Keimen von Unkraut zu unterdrücken", sagt Koch. Licht regt Samen zum Keimen an. Ist der Boden von einer dicken Mulchschicht bedeckt, bleibt er unkrautfrei. Bisher kennt man vor allem Rindenmulch in der Rolle des Unkrautunterdrückers. Der verstärkt den Effekt durch seine Gerbsäure. Das kann ihn andererseits für Kulturen zu sauer machen. Denn der Großteil der Gartengewächse gedeiht in einem neutralen bis alkalischen Boden-pH-Wert am besten. Miscanthusmulch ist pH-Wert-neutral. Weiterer Vorteil: Miscanthushäcksel hält sehr gut Wasser. Mit einer Saugkraft bis zu 400 Prozent seines Eigengewichts reguliert er die Feuchtigkeit und gibt sie bei Bedarf ab. Das funktioniert umso besser, je weniger frisch der Häcksel ist. Man erkennt angerotteten Miscanthusmulch am Aussehen: "Er ist dunkler als der frisch gehäckselte", erklärt Koch.
Biologisch einwandfreier Dünger


Das an Stroh erinnernde frische Material haben Hobbygärtner als Einstreu unter reifenden Erdbeeren entdeckt. "Schnecken gehen nicht so gerne darüber", sagt der Miscanthus-Landwirt, weil die an Bambus erinnernden Stengel spitz seien.
Als Humuslieferant: In den Kompost gegeben lockert das gehäckselte Material den entstehenden Humus auf. Das Bodenleben bekommt Bio-Nahrung, denn Miscanthus wird ohne Dünger und Pflanzenschutzmittel gezogen.
Für Blumen- und Gemüsebeete, Gehölze und unter Hecken sollte man auf angerotteten Mulch zurückgreifen. Frischer Mulch entzieht dem Boden bei der Umsetzung Nährstoffe. Angerotteter Mulch dagegen liefert Humus.
Für Wege und Plätze: Frischer Häcksel, der erst nach drei bis vier Jahren verrottet, eignet sich als Schüttungsmaterial für den Wegebau. Ein großer Pluspunkt gegenüber Rindenmulch: Miscanthusmulch ist geruchsneutral.
Ein Nachteil:
Durch sein leichtes Gewicht kann er in windigen Lagen oder am Hang verweht werden. Der Trick: Nach dem Aufbringen gießt man ihn mit Wasser. Unter der Schaukel, Turngeräten oder im Weidentippi polstert er so die Spielecken im Garten. Und wer sich das herausragende Gras als saisonalen Paravent vorstellen kann, pflanzt eine Hecke aus Miscanthus x giganteus als Sichtschutz. Die Blätter fallen erst im Februar ab.
Extra

Der Raum Trier-Wittlich ist eine der Miscanthus-Regionen in Deutschland. Die Moselanern nennen es "Schilfgras", andere "Elefantengras". Die mehrjährige Energiepflanze Miscanthus x giganteus gehört wie Mais zu den C4-Pflanzen. Die speichern Energie und wachsen in der Nacht weiter. In Wachstumsphasen können das in 24 Stunden bis zu fünf Zentimeter sein. Dabei bindet Miscanthus mindestens doppelt so viel Kohlendioxid wie ein vergleichbares Waldstück und zählt damit zu den Hoffnungsträgern regenerativer Energien. Geerntet wird im März/April. Neben der Verwendung als Energiepflanze, Bau- und Werkstoff, gewinnt man aus Miscanthus auch Mulch. kf

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