Steuer: So werden Bürger entlastet

Ein Rechtsanwalt und Vater von sechs Kindern hatte erfolgreich geklagt: Das Bundesverfassungsgericht beschloss kürzlich das Bürgerentlastungs-Gesetz. Danach können Steuerzahler ab dem Jahr 2010 Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu einem größeren Teil als bisher von der Steuer absetzen. Vier Experten beantworteten zwei Stunden lang die Fragen der TV-Leser.



Trier. (kat) Ich bin verheiratet und habe vier Kinder. Kann ich unsere private Krankenversicherung zukünftig in vollem Umfang absetzen?

Christian Rech, Steuerberater, Steuerberaterverband Rheinland-Pfalz: Nein, die Abzugsfähigkeit ist beschränkt auf die sogenannte Basisversorgung. Also den Teil der Krankenversicherung, die keine Sonderleistungen umfasst. Zur Feststellung der Höhe des Basisbeitrags bei Privatversicherten gibt es die Krankenversicherungsbeitrags-Ermittlungsverordnung. Sie legt fest, welche Leitungsbestandteile prozentual im Versicherungsbeitrag enthalten sind: Sie teilt sich in Privatversicherungsbeiträge für ambulante sowie für stationäre Versorgung auf dem Niveau der gesetzlich Versicherten und in Beitragsanteile für Zusatzleistungen wie Chefarztbehandlung oder Einzelzimmer. Die Zusatzleistungen bleiben auch künftig steuerlich unbeachtet. Für die Basisversorgung gilt der Höchstbetrag von 2800 Euro nicht, so dass auch die bei Ihnen wegen der Kinder hohe Beitragslast ab 2010 in höherem Umfang steuerlich berücksichtigt werden kann.

Was besagt das Bürgerentlastungs-Gesetz?

Alwin Kort, Steuerberater, Steuerberaterverband Rheinland-Pfalz: Der Kern des Gesetzes ist, dass Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung (Basistarif) zu einem größeren Teil als bisher komplett von der Steuer absetzbar sind. Davon profitieren gesetzlich und privat Versicherte. Innerhalb der jetzt aufgestockten Höchstbeträge - bei Ledigen 1900 Euro und 2800 Euro für Selbstständige - können weitere Aufwände für Vorsorgeaufwendungen wie Beiträge zur Haftpflichtversicherung abgesetzt werden - wenn dies günstiger ist.

Das Ganze wird im Lohnsteuerverfahren ab Januar 2010 Entlastung für Steuerzahler bringen. Ein Beispiel: Frau Müller ist alleinerziehende Mutter eines Kindes und gesetzlich krankenversichert. Ausgehend von einem Bruttolohn von 25 000 Euro im kommenden Jahr, ohne weitere Einkünfte, zahlt sie für sich und ihr Kind 1975 Euro an Krankenversicherungsbeiträgen. Zudem fallen sonstige Vorsorgeaufwendungen in Höhe von 963 Euro an. Im Vergleich zu 2009 wird Frau Müller im nächsten Jahr 279 Euro mehr in der Tasche haben.

Wenn ich durch den Krankenversicherungsbeitrag die Höchstgrenze von 2800 Euro ausschöpfe, habe ich keine Möglichkeit mehr, die Haftpflicht-, Unfall- und Lebensversicherungsbeiträge, die vor 2005 abgeschlossen wurden, steuerlich abzusetzen.

Josef Ludwig, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Vizepräsident der Steuerberaterkammer Rheinland-Pfalz: In der Literatur wird die Frage diskutiert, ob die Neureglung verfassungsrechtlich haltbar ist. Die Steuerberater-Organisationen sehen den Wegfall der anderen Abzugsmöglichkeiten auch sehr kritisch. Vor allem, weil dies lediglich im Hinblick auf den Bundeshaushalt begrenzt wurde. Der Steuerausfall durch das Bürger-Entlastungsgesetz beträgt 9,3 Milliarden Euro. Wären Haftpflicht-, Unfall- und Lebensversicherungsbeiträge, die vor 2005 abgeschlossen wurden, wie bisher steuerlich absetzbar, würde der Ausfall etwa 15 Milliarden Euro betragen.

Profitiere ich als Rentner von dem Bürgerentlastungs-Gesetz? Ich bin verheiratet.

Christian Thielmann, Steuerberater, Steuerberaterverband Rheinland-Pfalz: In der Regel liegen verheiratete Rentner unter dem Grundfreibetrag und zahlen daher keine Steuern. In diesen Fällen wirkt sich das Bürgerentlastungs-Gesetz für Sie nicht aus.

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