Debatte um Öffnungsschritte Wann mit Corona-Lockerungen zu rechnen ist

Berlin · Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach sieht die aktuelle Corona-Entwicklung noch nicht unter Kontrolle. Dennoch stellte er Lockerungen in Aussicht – die Entwicklung der Pandemie gibt demnach Anlass zur Hoffnung. Ein Überblick.

 German Health Minister Karl Lauterbach, right, the President of the Robert-Koch-Institute, German national agency and research, Lothar H. Wieler, center, and the director of European Bioinformatics Institute Rolf Apweiler attend a news conference on the current coronavirus pandemic in Berlin, Germany, Tuesday, Feb. 8, 2022. (AP Photo/Michele Tantussi, Pool)

German Health Minister Karl Lauterbach, right, the President of the Robert-Koch-Institute, German national agency and research, Lothar H. Wieler, center, and the director of European Bioinformatics Institute Rolf Apweiler attend a news conference on the current coronavirus pandemic in Berlin, Germany, Tuesday, Feb. 8, 2022. (AP Photo/Michele Tantussi, Pool)

Foto: AP/MICHELE TANTUSSI

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hält die Zeit für Lockerungen der Corona-Maßnahmen noch nicht für gekommen. „Die Lage ist noch nicht wirklich unter Kontrolle", sagte Lauterbach am Dienstag in Berlin. Wenn nun zu schnell gelockert würde, „dann würden wir die Welle deutlich verlängern", sagte er – und bat um Geduld. Hier die Antworten auf die wichtigsten Fragen zur aktuellen Lage.

Warum gibt es noch keine Entwarnung?

Noch sind die Werte so hoch, dass die Bundesregierung vorsichtig bleiben will, um die Krankenhäuser nicht zu überlasten. Die Sieben-Tage-Inzidenz bei den Corona-Neuinfektionen hatte am Dienstag einen weiteren Höchstwert erreicht. Sie lag nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) bundesweit bei 1441,0. Am Dienstag vergangener Woche lag sie noch bei 1206,2. Wie das RKI unter Berufung auf Daten der Gesundheitsämter mitteilte, lag die Zahl der Neuinfektionen binnen 24 Stunden am Dienstagmorgen bei 169.571. Seit Pandemie-Beginn verzeichneten die Gesundheitsämter nach Angaben des RKI insgesamt 11.287.428 Infektionsfälle. RKI-Chef Lothar Wieler wies in der Pressekonferenz mit Lauterbach darauf hin, dass allein in den vorangegangenen sieben Tagen rund 1,2 Millionen Infektionen an sein Institut gemeldet worden seien - dies sei fast ein Zehntel der Gesamt-Infektionszahl seit Beginn der Pandemie vor zwei Jahren.

Wie ist die Lage in den Krankenhäusern derzeit?

Wieler zeigte sich bei der Pressekonferenz „optimistisch, dass wir die Omikron-Welle bald überstanden haben“. Die Zahl der Krankenhauseinweisungen sei trotz eines leichten Anstiegs „noch vergleichsweise gering“, sagte er. Dennoch müssten die Eindämmungsmaßnahmen zunächst noch beachtet werden.

Wann ist mit Lockerungen zu rechnen?

Nach Angaben von Lauterbach „deutlich vor Ostern“. Wieler sagte den Höhepunkt der Omikronwelle „in wenigen Wochen“ voraus. „Und dann wird man lockern“, so der RKI-Präsident. Derzeit befinde sich das Land vor einem Wendepunkt. „Bleiben wir ruhig und achtsam und aufmerksam. Und dann können wir uns entspannt auf Ostern freuen.“

Was tut sich bei den Tests?

Eine erneute Wendung: Die Bürgerinnen und Bürger sollen nach einem positiven Corona-Schnelltest auch weiter Anspruch auf PCR-Nachtestung haben. Lauterbach sprach von einer „Veränderung der Position“. Geplant ist nun etwa, dass man nach einer roten Warnmeldung auf der Corona-Warn-App und einem positiven Antigentest den PCR-Test erhält. Nach Lauterbachs Angaben würde die vorhandene Kapazität bei PCR-Tests auch bei täglich bis zu 450 000 Corona-Neuinfektionen reichen. „Und ich glaube, dass wir das nicht erreichen werden.“ In einem Entwurf für eine Änderung der Corona-Testverordnung, der vor wenigen Tagen bekannt wurde, war noch geplant, den Anspruch zur Nachtestung nach positivem Schnelltest zunächst auszusetzen.

Wie hoch ist das Risiko, dass neue Virusvarianten auftreten werden?

Nach Angaben des Ministers ist das Risiko hoch, er rechnet fest mit neuen Varianten. Lauterbach betonte, dass jederzeit neue Corona-Varianten aufkommen könnten - auch unabhängig des aktuellen Omikron-Verlaufs. „Es ist nicht so, dass das aufeinander aufbaut.“ Nach der erwarteten Entspannung in Frühjahr und Sommer solle ein Rückfall mit Omikron oder anderen Varianten verhindert werden, sagte Lauterbach.

Gibt es weitere Pläne für Hilfsleistungen in der Krise?

Die Wirtschaftsminister von Bund und Ländern streben eine Verlängerung der Corona-Hilfen für Unternehmen bis Ende Juni 2022 an. Dies sei eine sinnvolle Option, parallel zum bis dahin laufenden Kurzarbeitergeld, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Dienstag nach Beratungen mit den Ländern. Dafür werde er sich einsetzen. „Die genauen Programmbedingungen stimmen wir jetzt in der Bundesregierung zügig ab.“ Beim nächsten Bund-Länder-Gipfel am 16. Februar könnte es Ergebnisse geben.

Sitzt RKI-Chef Wieler noch fest im Sattel?

Nach Kritik aus der FDP an dem RKI-Chef sagte Lauterbach: „Herr Wieler hat mein volles Vertrauen.“ Wieler sagte: „Ich habe heute Geburtstag, ich habe das Glück, jetzt mit Ihnen hier meinen 61. Geburtstag zu verbringen - was kann es denn Angenehmeres geben, wir sind uns doch so sehr ans Herz gewachsen.“ Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner bekräftigte hingegen die Kritik. Er habe „große Zweifel“ an der überraschenden RKI-Entscheidung zur Verkürzung des Genesenenstatus, sagte Lindner. Das RKI hatte den Genesenenstatus im Januar von sechs auf drei Monate verkürzt.

(jd/jw/dpa)
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