Mammut-Prozess

TRIER. Vor der 3. Großen Strafkammer des Trierer Landgerichts beginnt heute ein Mammut-Prozess wegen Abrechnungsbetrugs gegen einen Arzt für Neurochirurgie. 247 Zeugen sind geladen.

Im Jahr 1997 erregte der Fall von Dr. Wolfgang S. bundesweites Aufsehen. Das ARD-Magazin Report erhob massive Vorwürfe gegen den Trierer Neurochirurgen, die Staatsanwaltschaften in Trier und Koblenz ermittelten wegen fahrlässiger Tötung, fahrlässiger Körperverletzung und Abrechnungsbetrugs. S. hatte seit Mitte der Neunziger Jahre in Trier und Bad Ems praktiziert, 1997 verlegte er sein Betätigungsfeld teilweise nach Niedersachsen. Nach Rückgabe seiner Kassenarzt-Zulassung praktizierte er bis 1999 für Privatpatienten in Trier weiter - noch heute hängt in der Luxemburger Straße ein Praxis-Schild, die Räumlichkeiten allerdings sind verwaist. 1997 war S. nicht nur wegen des Verdachts des Abrechnungsbetrugs ins Visier geraten, sondern wegen mutmaßlicher Behandlungsfehler, die zum Tod einer Trierer Patientin und zur Schädigung weiterer Klienten geführt haben sollen. Für einen Teil dieser Fahrlässigkeits-Fälle hat die Koblenzer Staatsanwaltschaft Anklage erhoben, ein Hauptverfahren steht dort aber noch aus. Die Trierer Staatsanwaltschaft, die sich um den Komplex der Betrugsstraftaten kümmert, hat nach mehrjährigen Ermittlungen eine Anklage gegen den heute 57-Jährigen vorgelegt, die in den kommenden drei Monaten vor der 3. Großen Strafkammer des Landgerichts verhandelt werden soll. Von 1995 bis 1999 soll S. Abrechnungsbetrug in 1712 Fällen begangen und dabei Patienten oder Kassen um mindestens 300 000 Euro geprellt haben. 269 Seiten umfasst die Anklageschrift, weit über tausend Fall-Akten mussten von einer Sondereinsatzgruppe der Polizei und von der Staatsanwaltschaft geprüft werden. So sei auch der lange Zeitraum bis zur Eröffnung des Verfahrens zu erklären, sagt Oberstaatsanwalt Horst Roos. Elf Verhandlungstermine sind vorläufig angesetzt, um jeden Einzelfall zu prüfen. Laut Anklageschrift soll S. in Abrechnungen immer wieder nicht erbrachte Leistungen wie Verweilgebühren, Visiten, Verbandsmaterial oder Reisekosten aufgeführt und zu Unrecht kassiert haben.

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