Bildung Ministerin: Keiner Kita soll es schlechter gehen

Wittlich/Mainz · Stefanie Hubig verteidigt ihren Gesetzesentwurf. Die SPD-Politikerin rechnet mit deutlich mehr Erziehern in Kindertagesstätten.

 Kinder spielen in einer Kindertagesstätte in einem Bällebad.

Kinder spielen in einer Kindertagesstätte in einem Bällebad.

Foto: dpa/Friso Gentsch

Brauchen die rheinland-pfälzischen Kindertagesstätten noch mehr Erzieher? Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) wehrt sich im Gespräch mit dem Trierischen Volksfreund gegen Kritik von Verbänden und Bertelsmann-Stiftung. Der Stiftung zufolge fehlen im Land mehr als 4600 Erzieher. Hubig sagt dazu: „Der Personalschlüssel, den Bertelsmann für sich selbst festgelegt hat, ist ein Gold-Standard. Und an dem sind wir nah dran.“ Wo die Stiftung in Krippen einen Erzieher auf drei Kinder fordere, liege Rheinland-Pfalz bei 3,5. Bei den über Dreijährigen stehe das Land in der Versorgung mit einem Erzieher für 8,6 Kinder „deutlich besser“ da als der Bundesschnitt.

Hubig rechnet mit mehr Erziehern an den Kindertagesstätten, wenn das neue Kita-Gesetz in Kraft ist, das den Einrichtungen 62 Millionen Euro pro Jahr mehr zukommen lassen soll. „Die Mittel dürfen alleine in Personal investiert werden.“

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) rechnet zugleich mit neuen Lasten, die das Gesetz den Kitas aufbürdet. Eltern sollen so künftig das Recht auf eine durchgängige Sieben-Stunden-Betreuung und ein Mittagessen ihrer Kinder in den Kitas haben. Manche Einrichtungen schließen mittags oft noch. Wo der Verband die Erweiterung für die Eltern lobt, kritisiert er eine Mehrbelastung für Erzieher, die mehr arbeiten. Diese Belastung sei durch das Gesetz nicht aufgefangen. „Wir sehen uns die Stellungnahmen sehr genau an und nehmen den Einwurf ernst“, deutet Hubig bereits Verbesserungen an. Fortschritte erwartet die Ministerin künftig, wenn es um regionale Unterschiede in der Versorgung geht, die Bertelsmann anprangert.

„Das ist ein Prozess, und deshalb geht es auch nicht vom einen Tag auf den anderen. Unser Ziel ist gute Personalisierung und dass es egal ist, in welche Kita mein Kind in Rheinland-Pfalz geht“, sagt Hubig. Im Raum Trier stellte die Stiftung fest, dass in den Kitas in der Stadt Trier und im Kreis Bernkastel-Wittlich ein Erzieher auf 7,2 Kinder kommt. Im Vulkaneifelkreis liegt der Schnitt hingegen bei 9,4. In Rheinland-Pfalz verbucht Pirmasens mit 11,0 den schlechtesten Wert. Nach Hubig sollen sich alle Kitas mindestens im heutigen landesweiten Schnitt bewegen.

Schlechter stellen solle sich keine Kita. „Die, die sich personell unter dem Durchschnitt bewegen, sollen sich nach oben hin verbessern. Die, die bereits jetzt personell oberhalb des Durchschnitts sind, sollen sich nicht verschlechtern“, sagt sie.

 Stefanie Hubig ARCHIV - German State Secretary at the Federal Minister of Justice and Consumer Protection Stefanie Hubig arrives at the EU Informal meeting of Ministers of Justice and Home Affairs in Luxembourg, 10 July 2015. EPA/MATHIEU CUGNOT (zu dpa «Focus»: Staatssekretärin setzte Range massiv unter Druck  vom 07.08.2015) +++(c) dpa - Bildfunk+++ |

Stefanie Hubig ARCHIV - German State Secretary at the Federal Minister of Justice and Consumer Protection Stefanie Hubig arrives at the EU Informal meeting of Ministers of Justice and Home Affairs in Luxembourg, 10 July 2015. EPA/MATHIEU CUGNOT (zu dpa «Focus»: Staatssekretärin setzte Range massiv unter Druck vom 07.08.2015) +++(c) dpa - Bildfunk+++ |

Foto: Mathieu Cugnot

Der Sorge von Verbänden, nach denen Dorf-Kitas um ihre Existenz fürchten müssen, weil sie zu klein sind, widerspricht die Ministerin. Zwei Fachkräfte sollen dort mindestens arbeiten, unabhängig von der Größe. Über ein Sozialraumbudget, das bei 46 Millionen Euro liegen soll, könnten Kitas darüber hinaus auch Sprachlehrer oder Sozialarbeiter finanzieren. „Mir kann keiner erzählen, dass mit den zusätzlichen Mitteln am Ende nicht mehr Leute eingestellt werden können“, sagt Hubig zu der Kritik am fehlenden Personal. „Dass sich nicht alle hinstellen und sagen, es ist ein richtig gutes Gesetz, finde ich schade. Aber das war zu erwarten, und es gehört zum Geschäft und zur üblichen Begleitmusik in einem Gesetzgebungsverfahren.“ Trotzdem erhalte das Ministerium viel Anerkennung dafür, was es mit dem Gesetz auf die Beine stelle.

Die Kritik von Verbänden und Kirchen hält dagegen an. Die GEW sammelt derzeit Unterschriften für mehr Personal in Kitas. „Wir können es drehen und wenden, wie wir wollen: Der Entwurf des Gesetzes wird den Notwendigkeiten nicht gerecht“, sagt Landeschef Klaus-Peter Hammer.  Regine Schuster vom Paritätischen Wohlfahrtsverband in Rheinland-Pfalz fürchtet um die Existenz von freien Anbietern, denen nach dem neuen Gesetz statt 90 Prozent nur noch 47,4 Prozent der Personalkosten pauschal an die Kitas gezahlt würden. Den Rest müssten die Träger mit den Kommunen aushandeln. „Für Ehrenamtliche ist das kaum machbar und ein Dolchstoß“, sagt Schuster. Das Bistum Trier hatte vom Land ein Investitionsprogramm in Kitas gefordert. 2019, so hofft Hubig, soll das Gesetz im Mainzer Landtag verabschiedet werden.

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