Viele Kinder gehen beim Unterhaltsvorschuss leer aus

Berlin · Pro Jahr verlieren mehr als 70 000 Kinder von alleinerziehenden Müttern ihren Anspruch auf staatlichen Unterhaltsvorschuss, weil sie die gesetzlichen Bedingungen dafür nicht mehr erfüllen. Die SPD will diese Hürden nun abschaffen - allerdings ohne Absprache mit der Union.

Berlin. In 1,6 Millionen Familien wachsen Kinder mit nur einem Elternteil auf, zu 90 Prozent mit alleinerziehenden Müttern. Laut Statistik gelten sie als besonders armutsgefährdet - fast 40 Prozent der Alleinerziehenden sind auf Hartz IV angewiesen. Nicht selten wird ihre Lage auch wegen der Verweigerung von Unterhaltszahlungen durch den vormaligen Partner erschwert.
In diesen Fällen springt der Staat mit einem Unterhaltvorschuss ein. Für Kinder bis zu fünf Jahren gibt es monatlich 145 Euro, für Kinder ab sechs Jahren 194 Euro. Allerdings macht das Gesetz zwei Voraussetzungen geltend: Das Kind darf nicht älter als zwölf Jahre sein. Zudem wird der Vorschuss nur für maximal sechs Jahre gewährt. Das kann in der Praxis zu besonderen Härten führen: Fließt die Hilfe zum Beispiel von Geburt an, fällt sie ausgerechnet dann weg, wenn das Kind in die Schule kommt und die Kosten entsprechend steigen.Anhebung der Altersgrenze?


Die Linksfraktion im Bundestag hatte daher schon 2014 die Anhebung der Altersgrenze auf 18 Jahre und die Abschaffung der zeitlichen Befristung gefordert. Nach den Daten der Bundesregierung, die Fraktionsvize Sabine Zimmermann jetzt anforderte, verloren seit 2005 über 70 000 Kinder im Jahr wegen dieser Beschränkungen den Unterhaltsanspruch. "Die Befristungen im Gesetz nehmen keinerlei Rücksicht auf die tatsächlichen Bedarfe der Betroffenen und gehören deshalb abgeschafft", sagte Zimmermann unserer Zeitung.
Nun greift Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) die Idee auf. Bis Monatsmitte will sie eine Gesetzesänderung vorlegen. Das Vorhaben wurde gestern auch mit einem förmlichen Beschluss der SPD-Bundestagsfraktion bekräftigt. Derweil verwies Zimmermann darauf, dass ihre Fraktion die Forderungen zuletzt im Dezember 2015 zur Abstimmung stellte. "Leider hat auch die SPD damals dagegen gestimmt."
In der Koalitionsvereinbarung zwischen Union und SPD sind keine Änderungen beim Vorschuss vorgesehen. Laut Schwesig würden durch die Streichung der zeitlichen Begrenzung Mehrausgaben von 100 Millionen Euro im Jahr anfallen. Sie sollen komplett vom Bund getragen werden, so ihr Plan. Bislang steuert Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) nur ein Drittel der Kosten bei. Die anderen zwei Drittel tragen die Länder. 2015 wurden für den Vorschuss 843 Millionen Euro verausgabt.

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