Auf der Suche nach der Quelle

Bitburg/Scharfbillig · Das Gift aus dem Löschschaum der Flugplatzfeuerwehren, die auf dem ehemaligen US-Luftwaffenstützpunkt Bitburg bis 1994 Feuer bekämpften, haben Forscher in Bitburg nun in hohen Konzentrationen nachgewiesen. Die SGD Nord hat auf der Suche nach den Quellen des Umweltgiftes erste Untersuchungsergebnisse präsentiert.

 Die weiteren Untersuchungen rund um den Flugplatz können nach Angaben der SGD Nord bis zu zwölf Monate dauern. Luftbild: Porta-Flug

Die weiteren Untersuchungen rund um den Flugplatz können nach Angaben der SGD Nord bis zu zwölf Monate dauern. Luftbild: Porta-Flug

Foto: (e_bit )

Bitburg/Scharfbillig. Man kann es nicht sehen, riechen, fühlen oder schmecken. Gelangen Benzin oder Öl ins Wasser, schimmern sie in allen Farben auf der Wasseroberfläche. Aber um das Umweltgift PFT nachzuweisen, bedarf es komplizierter Untersuchungen im Labor. Dabei wurde das Umweltgift, dessen Eigenschaften bei der Brandbekämpfung exzellente Wirkung zeigen, mit dem Löschschaum der Feuerwehren jahrzehntelang gleich mit Hochdruck in die Landschaft gespritzt.
Diese hervorragende Eigenschaft der Perfluorierten Tenside (PFT) machte sich auch die Flugplatz Feuerwehr des ehemaligen US-Luftwaffenstützpunktes Bitburg zu Nutzen. Denn wie die ersten amtlichen Untersuchungsergebnisse zeigen (siehe Extra), die die Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord nun präsentiert, sind der Flugplatz Bitburg und umliegende Gebiete südlich und östlich der Landebahn stark belastet. "Die gemessenen Werte haben schon eine gewisse Größenordnung", sagt Joachim Gerke, Abteilungsleiter Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft und Bodenschutz der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord in Koblenz, "da muss man jetzt erkunden, wo die genau herkommen." Dass sie letztlich aus den Spritzen der Flugplatzfeuerwehr stammen, sei jedoch unstreitig, sagt Gerke.

Boden und Wasser: Doch nun gilt es, die Quellen zu finden: Das sind die Böden rund um Hangars und Landebahn, die stark belastet sein sollen und von denen aus sich das wasserlösliche Umweltgift in umliegende Gebiete ausbreitet. Gerke: "Die Ergebnisse auf der Südseite des Flugplatzes kann man relativ gut den Feuerwehrübungsplätzen zuordnen. Aber wir müssen auch die Wege finden, über die sich das PFT verteilt", sagt Gerke. Das können alte Abwasserkanäle, Drainagerohre oder Rinnsale sein. "Wir müssen das Wasser fassen, abklemmen und reinigen - möglichst wenig Wasser mit hoher Konzentration, damit das effektiv ist." Möglich sei das mit Aktivkohlefiltern. Die stark kontaminierten Böden müsse man mit dem Bagger abtragen und verbrennen, sagt Gerke. "Nur so kann man den organischen Stoff PFT knacken." Denn das Umweltgift ist biologisch nicht abbaubar, reichert sich in der Umwelt und den Organismen - auch dem Mensch - an und steht unter Verdacht, Krebs zu erregen. Dehalb hat die SGD Nord auch im Mai nochmal die Fische in der Nims und der Kyll untersuchen lassen. Gerke: "Die gemessenen Werte bei Fischen aus der Nims sind unbedenklich. In der Kyll unterhalb von Hüttingen haben wir aber stark erhöhte Werte gemessen." Deshalb gilt ab dort eine Verzehrempfehlung: Mehr als 300 Gramm Fischfilet sollte eine Person von 60 Kilogramm im Monat nicht verdrücken - auch wenn Bachforellen köstlich schmecken.

Weitere Planung: Die Experten werden nun im Auftrag der Bundesanstalt für Immobilien, die Eigentümer des Flugplatzes ist, weitere Bohrungen im Erdreich vornehmen und Proben nehmen. "Dazu müssen wir geologische Karten wälzen und am Ende alles kleinteilig zusammenbringen. Das ist noch ein ganz schöner Aufwand, der uns da bevorsteht", sagt Gerke.
Erst wenn alle Ergebnisse zusammengetragen sind, was noch bis zu einem Jahr dauern könne, könne man über ein Sanierungskonzept nachdenken, fügt Gerke hinzu.

Trinkwasser: Für die Bevölkerung bestehe kein Grund zur Beunrughigung, sagt Gerke. Denn das Bitburger Trinkwasser sei wie am Beispiel der Quelle in Mötsch durch Erdschichten aus undurchlässigem Muschelkalk gesichert.
Gerke: "Der senkrecht versickernde Tropfen spielt da keine Rolle. Die Quelle speist sich aus einer tiefen Grundströmung." Entwarnung gibt es auch von Rolf Heckemanns. Der Werkleiter der Stadtwerke Bitburg stellte jüngst in einer Stadtratssitzung klar: "Das Trinkwasser ist nicht mit PFT belastet."

Gewerbegebiet: Welche Auswirkungen hat die PFT-Problematik auf dem Flugplatz auf die Vermarktung des neu erschlossenen Gewerbegebiets im B-Shelter-Bereich? Diese Frage lasse sich derzeit noch nicht beantworten, sagt Jürgen Vogt, Abteilungsleiter für gewerbliche Immobilien der Bundesanstalt für Immobilien in Koblenz. Vogt: "Die Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen. Wir weisen Kaufinteressenten jedoch auf die Problematik hin." Die Bima, das Land und der Zweckverband Flugplatz Bitburg haben den B-Shelter-Bereich gemeinsam für 2,27 Millionen Euro erschlossen. Ein Gewerbegrundstück auf dem 27 Hektar großen Areal zwischen dem Tower und der Hans-Bongers-Straße ist bereits verkauft.Extra

Neben den Verdachtsflächen auf dem Flugplatzgelände selbst hat die SGD Nord zunächst kleine Fließgewässer rund um den Flugplatz untersucht, um Informationen darüber zu erlangen, wohin sich das Umweltgift ausbreitet. Stark erhöhte Werte bezüglich der Stoffgruppe PFT lieferten Proben aus folgenden Gewässern: Stedemer Bach bei Oberstedem mit bis zu 740 Nanogramm pro Liter, Brückengraben bei Scharfbillig mit bis 3500 Nanogramm pro Liter, Thalsgraben bei Bitburg mit bis zu 1850 Nanogramm pro Liter, Pfaffenbach zwischen Hüttingen und Mötsch mit bis zu 3400 Nanogramm pro Liter. Die gemessenen Werte überschreiten den aktuell gültigen EU-Richtwert von 50 Nanogramm PFT/Liter. Allerdings hat die EU eine Richtlinie erlassen, derzufolge Binnengewässer ab 2018 nicht mehr als 0,65 Nanogramm PFT/Liter enthalten sollen. Dass die neue Umweltqualitätsnorm so streng ist, liegt daran, dass Fische und andere Wasserlebewesen den Schadstoff anreichern und so über die Nahrungskette auch Menschen gefährden. cmo

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