Heute heiße Haushaltssitzung

Bitburg/Prüm · Diese Kreistagssitzung wird spannend. Der Landrat legt dem Gremium einen provokanten Haushalt vor: Die Kreisumlage soll demnach um mehr als acht Prozentpunkte steigen. Vermutlich wird sich jedoch ein Vorschlag von FWG, SPD und Grünen durchsetzen. Sie fordern eine Erhöhung um zwei Prozentpunkte. Zudem soll eine Million Euro gespart werden.

Bitburg/Prüm. "Auch kleine Orte haben ein Anrecht darauf, dass sie wenigstens die Grundbedürfnisse ihrer Einwohner mit einer finanziellen Grundausstattung befriedigen können", heißt es in einer Resolution der Ortsgemeinde Heilbach (Verbandsgemeinde Neuerburg). Die Resolution richtet sich mit einer dringenden Bitte direkt an die Kreistagsmitglieder: Sie sollen in der heutigen Sitzung von einer weiteren Erhöhung der Kreisumlage absehen. Denn sonst wäre "für etliche Orte der Ofen aus" (siehe Extra).
Dass diese Bitte erhört wird, ist unwahrscheinlich. Denn Landrat Joachim Streit wird den Kreistagsmitgliedern heute einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen. Um den 124 Millionen Euro, die der Kreis 2012 erwartungsgemäß ausgibt, ebenso viele Einnahmen gegenüberzustellen, plant Streit, die Kreisumlage auf einen Schlag um mehr als acht Prozent anzuheben. Ein provokanter Vorschlag. Ist das doch ungeheuer viel. Da ein Prozentpunkt etwa 800 000 Euro entspricht, müssten die 235 Gemeinden des Eifelkreises, von denen viele ebenfalls pleite sind, 2012 insgesamt 6,6 Millionen Euro mehr bezahlen. Umgerechnet sind das 70 Euro pro Einwohner.
Diese würden vom Kreis zwar nicht direkt zur Kasse gebeten. Indirekt aber schon, da viele Gemeinden ohne eine Erhöhung der Grundsteuern gar nicht in der Lage wären, so viel Geld aufzubringen. Streit macht dies, obwohl er weiß, dass er damit nicht durchkommt. Am ehesten könnte man seinen provokanten Vorschlag wohl eine Bewusstseinskampagne nennen. Denn schon seit Beginn seiner Amtszeit betont er, man müsse den Bürgern klar sagen, "was die Wohltaten des Kreises kosten", und dafür sorgen, der nächsten Generation keine Schuldenberge zu hinterlassen. Vermutlich wird er der Einzige sein, der heute diesem Haushaltsentwurf für 2012 zustimmt. Doch wird es noch andere Vorschläge geben.
FWG, SPD und Grüne (21 von 42 Sitzen) haben sich auf Folgendens geeinigt: Die Kreisumlage soll um zwei Prozent steigen. Doch wollen sie nicht nur mehr einnehmen, sondern auch deutlich sparen: Die Verwaltung soll bis Ende Mai Sparvorschläge in Höhe von einer Million Euro einreichen. Gelingt dies, würden die Fraktionen auch einer Erhöhung um drei Prozent zustimmen. Zudem sollen freiwerdende Stellen mit sofortiger Wirkung sechs Monate nicht besetzt werden, um in dieser Zeit zu prüfen, ob die Aufgaben organisatorisch nicht auch anders zu bewältigen wären, - und so Personalkosten zu sparen. Über Ausnahmen kann der Kreisausschuss entscheiden. Ziel der Fraktionen ist es, im Jahr 2015 einen ausgeglichenen Haushalt zu haben und die (so Rudolf Rinnen, FWG) "Untätigkeit der letzten 20 Jahre CDU-Regierung" so gut es geht wettzumachen.
Die CDU (17 Sitze) hat bereits angekündigt, eine Umlagenerhöhung um zwei Prozent vorschlagen. Oder auch um drei, falls das Land zusagt, die Breitbandversorgung des Kreises zu fördern. Zu diesem Zweck wäre die CDU auch bereit, den Kreiswald zu verkaufen. Zudem erwartet die Fraktion laut Michael Billen, dass der Landrat drei Prozent der Sach- und Personalkosten (etwa eine halbe Million Euro) einspart. Weil die "anderen es nicht hinkriegen", werde nun eben die Opposition versuchen, den Kreistag auf Vernunftkurs zu bringen.
Die FDP (drei Sitze) findet den Vorschlag der CDU generell gut, würde allerdings bei den Einsparungen womöglich noch weiter gehen wollen. Wolfgang Ferner (Die Linke) wird keinem der beiden Vorschläge zustimmen, da er nicht beim Personal sparen möchte. Er hat stattdessen beantragt, die künftigen Gewinne der Kreissparkasse dem Haushalt zuzuführen und die Aufwandsentschädigung für Kreistagsmitglieder auf fünf Euro pro Sitzung zu reduzieren. Damit ist - wenn denn alle Kreistagsmitglieder erscheinen - abzusehen, dass sich der Vorschlag von FWG, SPD und Grünen durchsetzt. Und die Resolution des Ortes Heilbach ungehört verhallt.
Die heutige Kreistagssitzung beginnt um 14.30 Uhr im Ratssaal der Verbandsgemeindeverwaltung in Prüm. Sie ist öffentlich.
Extra

Die Ortsgemeinde Heilbach hat den Kreis in einer Resolution gebeten, die Umlage nicht weiter zu erhöhen. Ein Blick auf die Finanzlage des Ortes erklärt, warum: Heilbach erwartet für 2012 Einnahmen in Höhe von 81 746 Euro. Diesem stehen Ausgaben in Höhe von 82 141 Euro gegenüber. Macht ein Minus von 395 Euro. 84,47 Prozent des eingenommenen Geldes fließen als Umlage an die Verbandsgemeinde (46,5 Prozent, 37 032 Euro), den Kreis (noch 39 Prozent, 31 059 Euro), den Fonds Deutsche Einheit (871 Euro) und als Gewerbesteuerumlage (85 Euro). Der Rest des Geldes dient dazu, die laufenden Kosten zu decken.Stiege die Kreisumlage um zwei Prozent, müsste Heilbach 1593 Euro mehr an den Kreis zahlen. Stiege sie um acht Prozent, wären es 4778 Euro mehr. Statt 395 Euro würde sie dann 2012 ein Minus von 1988 Euro oder sogar von 5173 Euro machen.Extra

Der Kommunale Entschuldungsfonds soll Kommunen helfen, schneller aus ihrer finanziellen Misere zu kommen. Er läuft über 15 Jahre. Das Geld kommt von drei Geldgebern, die jeweils ein Drittel beisteuern: Land, kommunalem Finanzausgleich und teilnehmenden Kommunen. Als Grundlage dient die Verschuldung des Jahres 2009. Damals hatte der Eifelkreis Liquiditätskredite in Höhe von 19,5 Millionen Euro. Um am Fonds teilzunehmen, müsste der Kreis jährlich Schulden in Höhe von 340 000 Euro tilgen. Die Verwaltung ist der Auffassung, dass eine Erhöhung der Kreisumlage um 0,5 Prozentpunkte (416 000 Euro Mehreinnahmen) das Mittel der Wahl darstellt. Los wäre der Kreis seine Schulden nach 15 Jahren allerdings nicht: Die Altschulden und die Fehlbeträge aus den Jahren 2010 und 2011 summieren sich auf etwa 14,8 Millionen Euro. Hinzu kommen erwartungsgemäß 67,5 Millionen Euro neue Schulden, da der Kreis jährlich etwa 4,5 Millionen Euro Kredite aufnehmen muss, um seine laufenden Kosten zu decken. Macht im Jahr 2026 satte 82,3 Millionen Euro Schulden. Es ist wahrscheinlich, dass der Kreistag heute dennoch entscheiden wird, am Entschuldungsfonds teilzunehmen. Denn der Kreis ist rechtlich verpflichtet, seine Einnahmenquellen auszuschöpfen - und um nichts anderes handelt es sich bei dem Geld, das von dritter Seite in den Entschuldungstopf fließt.

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